: Alan Parks
: Möge Gott dir vergeben Kriminalroman
: Polar Verlag
: 9783910918276
: 1
: CHF 16.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 430
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Glasgow trauert. Im Mai 1974 sieht sich Detective Harry McCoy einer wütenden Menge vor dem Sheriff Court gegenüber. Ein Brandanschlag auf einen Friseursalon in Royston hat Frauen und Kinder das Leben gekostet. Als drei Jugendliche wegen des Verbrechens angeklagt werden, sind McCoy und seine Kollegen erleichtert, dass der Gefangenentransporter durchgekommen ist und seine Insassen abgeliefert hat. Auf dem Weg wieder nach draußen wird der Transporter jedoch gerammt und die drei in Handschellen gefesselten Jugendlichen in einem Auto entführt. Tage später wird die Leiche eines der Jugendlichen gefunden, an dessen verstümmeltem Körper ein Zettel klebt: 'Einer ist tot, zwei fehlen noch'. Ist es Selbstjustiz? Oder geht hier etwas anderes vor, vielleicht ein neuer Bandenkrieg? Während McCoy der Sache nachgeht, bekommt er einen weiteren Fall übertragen: einen offensichtlichen Selbstmord. Ally, ein Standbesitzer auf dem Paddy's Market, hatte so viel Angst, in seine Wohnung zu gehen, dass er sich in einem zwielichtigen Wohnheim für alleinstehende Männer versteckte. Es scheint, dass derjenige, der hinter ihm her war, ihn gefunden hat. McCoy hat seine wilde Kindheit in diesem Viertel verbracht. Diese Jahre verleihen ihm nun einen Einblick in die Seele von Royston. Er muss sich seiner eigenen Vergangenheit und den Menschen stellen, die ihn noch immer verfolgen, um zu verhindern, dass eine weitere Leiche in den Straßen gefunden wird. FINALIST: THE 2022 MCILVANNEY PRIZE FINALIST: GRAND PRIX DE LITTÉRATURE POLICIÈRE

Bevor er seine Karriere als Schriftsteller begann, war Alan Parks Creative Director bei London Records und Warner Music, wo er Künstler wie All Saints, New Order und The Streets vermarktete und betreute. Seine Liebe zur Musik spiegelt sich in seinen preisgekrönten Krimis wider, die von der Atmosphäre der 1970er Jahre durchdrungen sind. Parks wurde in Schottland geboren, erwarb einen M.A. in Moralphilosophie an der Universität von Glasgow und lebt dort.

Eins


McCoy war kaum in derWilson Street, da hörte er es schon. Das Geschrei. Das Hufeklappern der berittenen Polizei. Das Hupen der Autos. Und den Sprechchor, am Anfang noch leise, kaum wahrnehmbar, aber dann immer lauter, je näher er dem Gerichtsgebäude kam. Schließlich hörte er genau, was die Menge rief.

»HÄNGT SIE AUF! HÄNGT SIE AUF! HÄNGT SIE AUF!«

Er bog in dieBrunswick Street ein und blieb wie angewurzelt stehen. Mindestens zweihundert Menschen drängten sich vor dem Eingang zumSheriff Court. Der Verkehr staute sich in beide Richtungen, Taxifahrer lehnten sich weit aus den Fenstern, wollten sehen, was sich weiter vorne abspielte, die Motoren der Busse überhitzten und qualmten.

NurMurray war nirgends zu entdecken. Die Menschenmenge hatte die Straße vollständig verstopft, aber McCoy musste trotzdem versuchen, irgendwie durchzukommen, vielleicht standMurray ja auf der anderen Seite.

McCoy hielt Vorsicht für angebracht, rief daher verhalten mit den anderen »HÄNGT SIE AUF! HÄNGT SIE AUF!« und schob sich durch die bunt zusammengewürfelte Menge, vorbei an Männern, Frauen und sogar kleinen Kindern. Einige hatten selbst gebastelte Transparente dabei oder hielten sich Schirme oder Regenmäntel über die Köpfe, alle Gesichter waren wutverzerrt.

Der Chor wurde immer ohrenbetäubender und die Menge wogte dem Eingang des Gerichtsgebäudes entgegen. McCoy wurde vom Strom mitgerissen, konnte nichts dagegen tun. Er klemmte zwischen einem Mann in Jeansjacke und mit Zapata-Schnurrbart und einer nicht mehr ganz jungen Frau, so wie man sie immer bei Boxkämpfen im Fernsehen in der ersten Reihe sitzen sah. Anscheinend war sie's gewohnt, nach Blut zu geifern.

Lediglich zwanzig Polizisten hielten die Masse vom Eingang fern, sie hatten mit untergehakten Armen eine Kette gebildet. Außerdem stellten sich zwei berittene Beamte der Menge in den Weg. McCoy sah einem in die Augen und wurde erkannt.

»Hier lang, Mr McCoy!«, schrie er. »Hier lang!«

McCoy kämpfte sich weiter, es gelang ihm, sich ganz nach vorn zu schieben und unter dem Arm eines uniformierten Kollegen durch zu ducken.

»Danke, Barr«, sagte er und klopfte dem Mann auf die Schulter. »Hast mir das Leben gerettet.«

Barr nickte und verzog das Gesicht, als ihm jemand mit einem Transparent die Mütze vom Kopf schlug. AUGE UM AUGE stand darauf.

»Verdammte Scheiße«, sagte McCoy. »Ihr braucht viel mehr Leute hier.«

»Was du nicht sagst«, erwiderte Barr. »Eigentlich sollten noch welche von Central kommen, aber bislang Fehlanzeige.«

»Hast du Murray gesehen?« McCoy musste schreien, der Sprechgesang hatte erneut angehoben.

»Goldbergs!«, presste Barr schnell noch hervor, dann wogte die Menge erneut gegen die Polizeikette.

McCoy sah die Straße entlang, entdeckte Murray im Schaffellmantel und mitTrilby am Hintereingang des Kaufhauses, wo er sich untergestellt hatte. Er sah McCoy direkt an, schüttelte den Kopf. McCoy konnte ihn nicht hören, aber möglich, dass Murray gerade »verdammten Kasper« geschimpft hatte.

McCoy eilte hinter der Polizeikette entlang, wich den auf der Wilson Street festsitzenden Autos aus und stellte sich zu Murray.

»Dachte, das musst du dir ansehen«, sagte dieser. »Um dich wieder in Stimmung zu bringen. Hätte nicht damit gerechnet, dass du dich mitten in die Scheiße