: Manfred Lütz
: Das Leben kann so leicht sein Lustvoll genießen statt zwanghaft gesund
: Carl-Auer Verlag
: 9783849785376
: Fachbücher für jede:n
: 5
: CHF 10.80
:
: Lebensführung, Persönliche Entwicklung
: German
: 139
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Manfred Lütz ist ein Seelenkenner vor dem Herrn. Befreiend ist sein Blick auf die verrückte Welt, seine Diagnosen zum Gesundheitswahn sind humorvoll, originell und tiefgründig zugleich. Er hat mich sehr inspiriert! Mögen sich noch viele Menschen mit diesem Buch gesund lachen!' Dr. Eckart v. Hirschhausen Lebenslust statt Leidensfrust Wer heute glücklich und gesund sein will, nimmt einiges auf sich. Man isst kalorien- und cholesterinbewusst, quält sich im Fitness-Studio oder geht zum Psychotherapeuten. Glück und Gesundheit sind zur Ersatzreligion geworden, zum Heil, das es uneingeschränkt im Diesseits zu erreichen gilt. Manfred Lütz deckt die Vergeblichkeit dieses Strebens auf. Pointiert, humorvoll und bisweilen ketzerisch geht er ins Gericht mit Gesundheitsaposteln und Fitnesspäpsten, Talkshowtherapeuten und Hobbyanalytikern. Der vollkommenen Utopie stellt Lütz ein realistisches und umso befriedigenderes Motto gegenüber: Gesund ist, wer mit seinen Einschränkungen einigermaßen glücklich leben kann. Lütz lenkt den Blick auf die Wegbereiter für Lebenslust: Vertrauen und Liebe, Spiritualität und Sinnlichkeit, die Erfahrung von Schönheit und Muße. Das Buch zielt auf eine Haltung der gelassenen Zustimmung zur Welt, eine 'Lebenskunst', die auch unter widrigen Umständen die Lust am Leben erhält. Der Autor: Manfred Lütz, Dr. med., Dipl.-Theol., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenarzt und Theologe, Chefarzt eines psychiatrischen Krankenhauses in Köln. Dozententätigkeit an mehreren Akademien und Instituten. Bekannt durch viele Interviews in Zeitschriften, Magazinen und in Talkshows.

Manfred Lütz, Dr. med., Dipl.-Theol., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenarzt und Theologe, Chefarzt eines psychiatrischen Krankenhauses in Köln. Dozententätigkeit an mehreren Akademien und Instituten. Bekannt durch viele Interviews in Zeitschriften, Magazinen und in Talkshows.

Lustfeindlicher Gesundheitswahn: Auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot


Vor einigen Jahren habe ich gemeinsam mit Josef Sudbrack ein Seminar gehalten. Josef Sudbrack ist ein bekannter Mystik- und Spiritualitätsexperte und kennt sich auch mit jenen esoterischen Plastikreligionen aus, bei denen ein Funke östlicher Weisheit mit einer Fülle von westlichem Schwachsinn verschweißt und markttauglich angeboten wird. Er sprach über Geistheiler, über Irisdiagnostik und Ähnliches – Sie wissen schon: Man blickt jemandem tief in die Augen, und dann gehen die Warzen weg, das Herz verdreht sich, die Lunge sackt ab, die Leber verschwindet. Das, wofür wir Ärzte früher einmal zuständig waren, machen selbst bei uns in der Eifel inzwischen Geistheiler und ähnliche Gestalten. Ich hatte bei diesem Seminar der Frage nachzugehen, ob nicht auch im scheinbar seriösen Bereich von Medizin und Psychotherapie, beim ganz normalen Hausarzt und beim Psychotherapeuten die Menschen inzwischen mehr suchen als Heilung (das wäre ja in Ordnung, dafür sind wir ja da) – ob sie also nicht auch bei uns inzwischen so etwas wie das Heil suchen.

Eine neue Religion


Je mehr ich dieser Frage nachging, umso spannender fand ich sie. Mir fiel auf, dass die Säkularisation inzwischen auch die Heilswünsche der Menschen erfasst hat. Während man bei uns im katholischen Rheinland noch vor 50 Jahren bei gesundheitlicher Not zunächst einmal bei einem der 14 Nothelfer oder beim heiligen Antonius, dem Fachheiligen für Allgemeinmedizin, ein Kerzchen anzündete, erwartet man heute auch hier das Heil von der Magnetresonanztomographie, einer Computertomographie oder einer Therapie, die möglichst in Amerika erfunden wurde. Oder – noch besser – von einer Therapie, die vor Jahrtausenden in China erfunden, mündlich tradiert, über den Himalaja nach Indien vermittelt, dort auf Pergamentpapier aufgezeichnet und in einer Höhle versteckt wurde, wo sie ein amerikanischer Jesuit fand und nach Harvard brachte, um sie dort auf ihre Wirksamkeit hin untersuchen zu lassen – und alles nur, damit sie anschließend in der Hohen Straße zu Köln feilgeboten werden kann.

Wenn Sie einmal einen Bestseller schreiben wollen: Ungefähr in diese Richtung müsste es gehen. Dietrich Grönemeyer hat das übrigens getan.Mensch bleiben hieß dieser Bestseller, das unsinnigste Buch, das ich je in meinem Leben gelesen habe. Dort legt Herr Grönemeyer unter anderem die unerhörte Auffassung dar, der Arzt solle doch tatsächlich mit seinem Patienten reden – ein geistiger Höhepunkt des Buches, dem ein ganzes Kapitel gewidmet ist. Man sollte dieses Buch nur in der Fastenzeit lesen.

Gesund in den Himmel


Und so ist auch die Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen, vom ewigen Leben und von der ewigen Glückseligkeit, restlos säkularisiert. Die letzten Dinge erwartet man nicht mehr in irgendeinem Jenseits, sondern hier und jetzt. Apocalypse now! Für das ewige Leben quantitativ ist die Medizin zuständig. Bei Nichterfüllung – Klage! »Der Großvater ist mit 90 Jahren ins Krankenhaus eingeliefert worden und dort gestorben. Da muss doch etwas schiefgegangen sein!« Nun, es geht sogar manchmal etwas schief, aber manche Menschen sterben auch ganz einfach mit 90.

Die ewige Glückseligkeit qualitativ erwartet man natürlich von der Psychotherapie. Bei Nichterfüllung – ebenso Klage! An dieser Stelle klagt normalerweise der christliche Theologe: »Das liegt nur daran, dass die Leute nicht mehr in die Kirche gehen. Wenn sie das wieder tun und beten würden, würden sie nicht einen solchen Quatsch glauben!« Aber das scheint mir eine Fehldiagnose zu sein, denn die Gesundheitsreligion, von der ich hier spreche, hat nach meiner Beobachtung inzwischen konfessionsübergreifend auch die christlichen Kirchen erfasst. Bei uns im katholischen Rheinland gibt es inzwischen Heilfasten in der Fastenzeit, man stelle