Als ich 1967 zum ersten Mal nach Lateinamerika kam, war alles neu für mich, verlockend und manchmal verstörend. In Lima lernte ich mehr als ein Dutzend unbekannte Früchte kennen und die exzellente Gastronomie: Ceviche,chifas, die chinesischperuanischen Restaurants wie auch die populären Stände am Malecón mit typischen Gerichten. Die Gesellschaft war klar geschieden in Weiße,cholos, und Indigene,indios. Stand im Pass die Hautfarbetrigueño, also »brünett«, bedeutete dies: kein Zugang zur feinen Oberschicht. Die koloniale Altstadt war beeindruckend, die Museen mit den prähispanischen Objekten überwältigend. Ein Ausflug nach Chosica, nur vierzig Kilometer von Lima entfernt und bereits achthundert Meter hoch, vermittelte einen ersten Eindruck von der grandiosen Andenkette. Das Meer lag im August unter einem grauen Schleier, dergarúa, der die ganze Stadt monatelang in einen feuchten Nebel hüllt. Ich erfuhr Eckdaten der Geschichte, wunderte mich über die Politik, denmachismo und die Doppelmoral der Menschen in diesem erzkatholischen Land.
Reisen im Land führten mich in die Anden, nach Cuzco, Machu Picchu und den Titicacasee, in die Wüste nach Nazca etwa fünfhundert Kilometer südlich von Lima und natürlich in den Urwald, an den Ucayali-Fluss, wo die Shipibo leben. DasInstituto Lingüístico de Verano, das seit Jahrzehnten in der Nähe der Stadt Pucallpa tätig ist, setzt sich für den Erhalt der indigenen Sprachen ein und wirkt zugleich missionarisch. Ungefragt lehrt es die Shipibo und andere Stämme die Bibel, und so ist die Institution stark umstritten. Viele kritisieren die angebliche Sorge für den Erhalt der Sprache als bloßen Deckmantel für die Evangelisierung.
Ich las Autoren, die ich alle nicht kannte und die mir als unverzichtbar empfohlen wurden: César Vallejo, Jorge Luis Borges, Pablo Neruda und José Carlos Mariátegui, den marxistischen Intellektuellen mit seinem Standardwerk über die peruanische Wirklichkeit. Vor allem aber war gerade ein Roman mit dem schönen TitelHundert Jahre Einsamkeit erschienen, der die Leser elektrisierte. Die Studenten schwärmten von Che Guevara, der in Bolivien für die Revolution kämpfte, und alle wünschten sich die gleichen Errungenschaften für ihr Land, wie sie die Kubanische Revolution erreicht hatte: Alphabetisierung, kostenlosen Unterricht und Krankheitsversorgung, Grundnahrungsmittel für alle. Es herrschte eine Aufbruchstimmung, ein ansteckender Optimismus.
Drei Monate Peru waren ein prägendes Erlebnis. Seitdem hat mich der Kontinent nicht mehr losgelassen. Ich habe viele politische Hoch- und Tiefpunkte erlebt. Offensichtlich gibt es keine gradlinige Entwicklung, immer wechseln sich die Extreme ab, so sche