Die Reise
Kopie und Original kannten sich schon seit Ewigkeiten. Sie waren die besten Freunde und unzertrennlich wie Zwillinge.
Es kam immer wieder vor, dass sie miteinander verwechselt wurden. Mal ärgerten sie sich, und mal belustigten sie sich darüber und spielten zuweilen auch mit. Es amüsierte sie sogar, wenn jemand im Glauben, mit Kopie zu tun zu haben, etwas – so ganz im Vertrauen – über Original preisgab, gerade wenn es sich um Konflikte oder Anliegen drehte, die der andere sich nicht traute, offen zu machen.
Doch mit der Zeit wuchsen in der Beziehung zwischen Kopie und Original die Spannungen heran, da sie sich zunehmend nur im Spiegel des anderen betrachtet fühlten oder einfach verwechselt wurden. So kam es, dass Kopie und Original bald selbst vollkommen verunsichert waren, wer sie selbst seien, und den anderen als Zerrspiegel ihrer selbst wahrnahmen.
Sie kamen irgendwie nicht voneinander los und auch nicht mehr in der früheren Harmonie zusammen. Nur als Double oder Doppelgänger des anderen zu gelten oder sich zu erleben, war beiden zu wenig.
Eines Morgens entschlossen sich Kopie und Original zu einer großen Reise mit dem Ziel, dass am Ende jeder sich gefunden habe.
Nach vielen Jahren der Reise, mit unzähligen Erfahrungen und Bekanntschaften großartiger Menschen, die zu ihrem Lebensschatz wurden, kamen sie ans Ziel. All ihre Charaktereigenschaften, Stärken und Schwächen hatten sie gemeinsam eingesetzt, um die Prüfungen, die ihnen auf der Reise begegnet waren, erfolgreich zu meistern. Auf dem Gipfel eines sagenumwobenen Berges, den sie als Ziel ihrer langen Reise auserkoren hatten, erwartete sie eine Einsiedlerhütte. Ein alter Mann trat heraus und begrüßte sie herzlich, forderte sie auf, Platz zu nehmen und seine Bewirtung anzunehmen. Nachdem sich Kopie und Original an Speis und Trank wohlgetan hatten und in der Mittagssonne die wunderbare Aussicht genossen, spürten sie in sich die Bereitschaft,