Kapitel 2.1
April. Tag der Einschulungsfeier.
Auf meinem Sitzplatz schaukelte ich im selben Rhythmus hin und her, mit dem sich der Bus in Richtung Schule fortbewegte. Ich blickte gedankenverloren aus dem Fenster und betrachtete die sich stetig vor meinen Augen verändernde Szenerie aus Landschaft und Stadt. Nach und nach stiegen immer mehr Leute ein.
Die meisten Fahrgäste waren Highschool-Schüler in Schuluniform. Und ehe ich mich versah, war der Bus so voll, dass der offenkundig frustrierte und desillusionierte Büroangestellte damit durchkäme, wenn er eine Frau in diesem Gemenge begrapschen und es als Versehen darstellen würde. Ein Stück weiter vor mir stand eine alte Frau, die sich so schwer auf den Beinen halten konnte, dass sie jeden Moment drohte, hinzufallen. Ich wusste, wie stark dieser Bus ausgelastet war und hatte mich trotzdem entschieden, mit ihm zu fahren. Jetzt musste ich die Suppe eben auslöffeln.
Im Grunde konnte es mir egal sein, wie voll der Bus war. Ich saß ja. Jeder entfernte Anflug von Mitleid für die Alte löste sich in Luft auf und ohne die geringsten Gewissensbisse entschied ich, die Zeit bis zur Ankunft einfach geduldig abzusitzen. Es stand nicht eine Wolke am Himmel.Was für ein fantastisches Wetter, dachte ich bei mir und hätte in dem Moment glatt einschlafen können. Doch dann war es mit der Ruhe plötzlich vorbei.
»Findest du nicht, du solltest ihr deinen Platz anbieten?«
Ich erschrak und öffnete die Augen, weil ich für einen Moment dachte, ich sei gemeint.
Aber dann realisierte ich, dass sich dieser Spruch nicht an mich, sondern an einen Jugendlichen ein paar Reihen vor mir richtete.
Der sportliche Junge, ein Highschool-Schüler mit blond gefärbtem Haar, hatte es sich auf einem der Sondersitzplätze bequem gemacht. Und neben ihm stand die besagte alte Frau.
»Hey du! Dich meine ich! Siehst du nicht, dass diese Frau kaum stehen kann?«
Offenbar wollte die Dame, dem Anschein nach eine Büroangestellte, erreichen, dass der Jugendliche seinen Platz für die Alte räumte. Im Bus war es still, sodass ihre Stimme natürlich sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zog.
»Das ist wirklich eine verrückte Frage, Lady!«
Ich hatte erwartet, dass der Junge entweder austickte, sie komplett ignorierte oder aber einfach ihrer Forderung nachkam. Doch zu meiner Überraschung tat er nichts davon, sondern grinste nur und überschlug demonstrativ die Beine.
»Warum sollte ich meinen Platz der Alten überlassen? Mit welcher Begründung?«
»Weil du auf einem Schwerbehindertensitzplatz sitzt. Außerdem gehört es sich so, für betagte Menschen aufzustehen und ihnen den Platz zur Verfügung zu stellen.«
»Das leuchtet mir irgendwie nicht ein. Das hier mag zwar ein Schwerbehindertensitzplatz sein, aber einen rechtlichen A