1 Der Ölschock im Kalten Krieg
Am 10. Dezember 1976 reiste Willi Stoph, der Vorsitzende des DDR-Ministerrats, enttäuscht und mit leeren Händen aus Moskau ab. Er hatte die sowjetische Hauptstadt besucht, um eine Erhöhung der Öllieferungen an die DDR zu erreichen, doch sein Amtskollege Alexei Kossygin lehnte die Anfrage rundweg ab. »Dafür haben wir keine Ressourcen«, erklärte Kossygin bei ihrem Treffen im Kreml. »Bei uns ist der Mangel an Energie akut […]. Sie müssen also aus den Wolken heruntersteigen.« »Ich bin nicht im Himmel«, schoss Stoph zurück. »Aber Sie wollen von uns erhöhte Lieferungen«, erwiderte Kossygin. »Nach dem Bedarf können wir nicht liefern. Niemand in der Welt kann das.«1
Als die beiden Politiker durch die Straßen Moskaus zum Flughafen fuhren, wo Stophs Flieger auf ihn wartete, versuchte Kossygin die Stimmung zu heben, indem er seinen Genossen an die überwältigenden Vorzüge des sozialistischen Systems gegenüber der kapitalistischen Welt erinnerte, in der großes Chaos herrsche. »Wir verstehen, daß die Lage in der DDR nicht leicht ist«, so der sowjetische Minis