: Marcus Tullius Cicero
: Reden gegen Verres Die Kunst der Rhetorik in Rechtswissenschaft
: Musaicum Books
: 9788027209378
: 1
: CHF 0.50
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In 'Reden gegen Verres' präsentiert Marcus Tullius Cicero eine Sammlung von fünf Reden, die er vor Gericht hielt, um den korrupten römischen Beamten Verres anzuklagen. Cicero's literarischer Stil ist geprägt von seiner eloquenten Rhetorik und seinem scharfen juristischen Verstand, was das Werk zu einem Meisterwerk der antiken Gerichtsrede macht. Die Reden sind nicht nur ein wichtiger historischer Text, sondern auch ein faszinierendes Beispiel für die politische Dynamik und die moralischen Abgründe des alten Rom. Cicero setzt seine Worte geschickt ein, um das Publikum zu fesseln und seine Argumente überzeugend darzulegen. Marcus Tullius Cicero, ein bedeutender römischer Staatsmann, Philosoph und Schriftsteller, war ein herausragender Redner und Jurist seiner Zeit. Sein Engagement für Recht und Gerechtigkeit sowie sein politischer Einfluss motivierten ihn, diese Reden zu verfassen und die korrupten Machenschaften von Verres anzuprangern. Cicero's unerschütterlicher Glaube an die Macht der Worte und die Notwendigkeit moralischer Integrität spiegelt sich deutlich in 'Reden gegen Verres' wider. 'Reden gegen Verres' ist ein Buch, das nicht nur für Liebhaber der römischen Geschichte und antiken Rhetorik von Interesse ist, sondern auch für jeden Leser, der sich für politische Skandale, Justizsysteme und moralische Dilemmata begeistert. Cicero's brillante Argumentation und seine Leidenschaft für die Wahrheit machen dieses Werk zu einer zeitlosen Lektüre, die auch heute noch fasziniert und inspiriert.

Vorbereitendes Verfahren: Rede gegen Quintus Caecilius1


Inhaltsverzeichnis


I. (1) Hoher Gerichtshof, verehrte Anwesende!

Mancher von euch wird sich vielleicht wundern, daß ich nach einer so langjährigen, in Staats- und Privatprozessen ausschließlich aufVerteidigung gerichteten Thätigkeit jetzt plötzlich die Richtung wechsele und mich auf eineAnklage einlasse. Mit Recht; denn stets lag es mir fern, jemandem zu nahe treten zu wollen. Wer aber in dem vorliegenden Falle die Beweggründe meines Auftretens kennt, wird ohne Weiteres meinen Schritt billigen und zugleich einsehen, daß hier niemand neben mir als Kläger in Frage kommen kann.

(2) Als meine Quästur in Sicilien2 zu Ende war, verließ ich die Provinz mit dem Bewußtsein, daß alle Sicilianer meiner Amtsführung und Persönlichkeit ein dauerndes liebevolles Andenken bewahren würden; sie konnten darauf rechnen, neben den berühmten Familien, die seit Generationen das Patronat3 der Insel übernommen haben, auch an mir eine Stütze für ihre berechtigten Ansprüche zu besitzen. Jetzt, wo man sie gepeinigt und ausgesogen hat, wenden sie sich alle an mich; ganz offiziell, einmal über das andere flehen sie mich an, für ihre Interessen einzutreten; sie erinnern mich an mein oft gegebenes, oft gehaltenes Versprechen, sie nie im Stiche zu lassen, wenn sie mich brauchen. (3) Jetzt sei der Moment gekommen, wo ich nicht irgend welche vereinzelten Interessen, sondern die Existenz der ganzen Provinz schützen müsse; sie könnten ja nicht einmal zu den Göttern mehr ihre Zuflucht nehmen, denn sie hätten gar keine Götter mehr in ihren Städten, seitdemGaius Verres die heiligen Bilder aus den Stätten der Andacht weggerissen: was überhaupt je die menschliche Grausamkeit, Habsucht, Prasserei und Herrschsucht an Schandthaten zu leisten vermöchte, das alles hätten sie drei Jahre lang unter diesem einen Landvogte durchgemacht – nun sollt ich sie doch nicht umsonst flehen lassen, wo ich eigentlich dafür verantwortlich wäre, daß sie überhaupt niemanden anzuflehen brauchten.

II. (4) Glaubet mir, meine Herren, es war mir ein herber Schmerz, diese Alternative, entweder den braven Leuten ihre Bitte um Hilfe abschlagen oder plötzlich meinen Beruf wechseln zu müssen: von Jugend auf hatt' ich immer verteidigt, nun sollt ich anklagen! – Ich nannte ihnen denQuintus Caecilius und berief mich auf seine Amtsthätigkeit in ihrer Provinz. Aber dies Argument, das mir zu Hilfe kommen sollte, entwaffnete mich vielmehr vollständig: viel eher hätten sie mir das peinliche Geschäft erlassen, wenn sie den Caecilius nicht gekannt oder doch nicht als Beamten in ihrem Lande gehabt hätten.4 (5) Schließlich bestimmten mich moralische Verpflichtung, gegebenes Versprechen, mitleidiges Empfinden, viele bedeutende Vorbilder, alte Beziehungen und die Regeln unserer Ahnen, diese Last zu übernehmen; wahrlich nicht meiner Neigung, sondern meinen Nächsten zuliebe. Nur Eines tröstet mich: diese meine scheinbare Anklage ist in Wahrheit vielmehr eine Verteidigung. Ich verteidige viele Menschen, viele Gemeinden, ja die ganze Provinz Sicilien. Dagegen verklage ich nureinen Menschen; so kann ich meinem Grundsatz, immer nur helfend und lindernd für die Menschheit einzutreten, beinahe treu bleiben. (6) Angenommen, dem wäre nicht so und der Fall nicht von so ganz besonderer Bedeutung; angenommen, die Sicilianer hätten mich nicht aufgefordert und ich wäre ihnen nicht so eng verbunden: hätte ich dann denselben Schritt rein im Staatsinteresse unternommen – wer könnte mir einen Vorwurf daraus machen, daß ich einen so beispiellos schamlosen Räuber vor Gericht ziehe? einen Menschen, der nicht bloß inSicilien, sondern inGriechenland, Kleinasien, Kilikien, Pamphylien, ja schließlich am ärgsten hier i