KAPITEL 2

BAHNHOF SAFARI

Henry leckte seinen Daumen an und verrieb die Kohlestiftlinien in seinem Skizzenbuch, damit sie aussahen wie scharfe schwarze Stacheln. Sein Zeichenmotiv knabberte Baumrinde und sah ihn finster an. Das Stachelschwein hatte eine weiche Nase, schwarz-weiß gesprenkeltes Fell, lange, spitze Stacheln und einen Stummelschwanz. Henry beugte sich vor, um sein Gesicht besser sehen zu können, doch das stachelige Wesen schnaufte und schlurfte zum Bahnschuppen, wo es in einem staubigen Loch verschwand.

„Na, das ist mal ein piksiges Motiv“, meinte Onkel Nat. Sein blasses Gesicht wurde durch einen breitkrempigen Panamahut vor der Sonne geschützt und in seinem frisch gewaschenen weißen Hemd und dem elfenbeinfarbenen Leinenanzug sah er ganz aus wie der typische Reisende aus Europa.

Sie saßen an einem schmiedeeisernen Tisch auf dem leeren Bahnsteig von Pretoria Gardens, einem Privatbahnhof am Rande der Stadt. Bevor es ein Bahnhof wurde, war das Gebäude ein großes Landhaus gewesen, und das Gelände, auf dem sich jetzt die Wildtiere tummelten, war einst ein gepflegter Park gewesen. Henry dachte an die anderen, die zu Hause in Crewe die Winterferien im trüben, kalten Februar verbrachten. Grinsend betrachtete er das rotbraun gesprenkelte Nguni-Rind, das auf der anderen Seite der Gleise in der Morgensonne graste.

***

Am Abend zuvor waren sie in Johannesburg gelandet und früh am Morgen nach Pretoria gefahren. Der Bahnhof lag nur eine Fahrstunde von ihrem Hotel entfernt, und Henry konnte es kaum erwarten, ihn zu erkunden. Als ihr Taxi die breite weiße Auffahrt entlanggefahren war, hatte Henry das eindrucksvolle rote Ziegelgebäude bestaunt, das von Weinranken und anderen Kletterpflanzen überwuchert war. Auf einem flaschengrünen Schild stand in abblätternden GoldbuchstabenAckerman Rail. Henry war sehr aufgeregt und hatte außerdem großen Hunger. Es fühlte sich an, als hüpfte eine ganze Armee von Fröschen in seinem Magen herum.

Ein Bahnangestellter nahm ihr Gepäck entgegen. Auf der Veranda, die eigentlich nur ein verbreiterter Teil des Bahnsteigs war, wurde ihnen das Frühstück serviert. Die Gleise führten so dicht am Haus vorbei, dass sie aussahen wie eine exzentrische Auffahrt.

Als Henry sein Obst und das Gebäck herunterschlang, näherte sich ein Mann ihrem Tisch. Sein Grinsen erinnerte Henry an ein hungriges Krokodil. Das kurz geschorene silberne Haar und der weiße Bart hoben seine Sonnenbräune hervor, und er trug ein blaues Hemd und weiße Hosen.

„Nathaniel Bradshaw? Ich bin Luther Ackerman. Willkommen in Pretoria Gardens. Es freut mich, Sie im Namen des Eisenbahnunternehmens meiner Familie begrüßen zu dürfen.“ Er schüttelte Onkel Nat übermütig die Hand. „Es freut mich sehr, dass Sie meine Einladung angenommen haben. Machen Sie sich auf das Abenteuer Ihres Lebens gefasst! Der Safari Star ist ein Luxushotel auf Rädern, das Kronjuwel mei