1. KAPITEL
Libby fluchte leise, als sich die Luxusjacht ebenso eindeutig wie unerwartet bewegte. Nicht sanft auf und ab, wie es sich gehörte, wenn sie im Hafen vor Anker lag, sondern vielmehr in dem Tempo, mit dem ein Stier durch ein Gatter bricht.
Sie stand auf – und stürzte fast, weil die Jacht scharf nach links abdrehte. Sie zog einen gelben Gummihandschuh aus und ließ ihn zu Boden fallen, genau wie das Mikrofasertuch, mit dem sie gerade auf dem Schreibtisch des Arbeitszimmers Staub gewischt hatte. Gleichzeitig stellte sie sich breitbeiniger hin.
So sollte sich die Jacht definitivnicht bewegen.
Jedenfalls nicht, während Libby an Bord war.
Hastig blickte sie zur Wanduhr.
Ihre Putzschicht dauerte noch eine Stunde, und die sollte sie allein hier verbringen. Nur war sie es nicht. Bei ihrer Ankunft hatte sie festgestellt, dass der Jachtbesitzer nicht wie angekündigt bei einer Veranstaltung war, sondern an Bord. Ein grüblerischer Milliardär mit olivfarbener Haut.
An sich störte Libby das nicht, obwohl sie grundsätzlich lieber allein war. Alte Gewohnheiten ließen sich schwer abschütteln.
Jetzt bemerkte sie, dass noch jemand hier war. Vielleicht sogar mehrere Leute.
Jenseits des Arbeitszimmers hörte sie erhobene Stimmen. Rufe. Sie spitzte die Ohren. War das Spanisch? Italienisch?
Sie drehte sich um die eigene Achse, hielt nach einem Versteck Ausschau, nach etwas, mit dem sie sich notfalls verteidigen konnte. Kurz entschlossen schnappte sie einen Briefbeschwerer und krabbelte unter den Schreibtisch. Schon oft in ihren sechsundzwanzig Jahren hatte Libby Langham sich gewünscht, ein paar Zentimeter größer zu sein. Jetzt tat sie es nicht. Ihr zierlicher Körper passte problemlos in die Lücke.
Es kostete sie große Mühe, halbwegs ruhig zu atmen. Sie kniff die Augen zu und versuchte, mit schierer Willenskraft jegliche Bedrohung von sich abzuwenden.
Plötzlich sprang die Tür auf. Sie hörte weitere Rufe – Stimmen von mehreren Männern. Dann einen Schlag, und die Tür knallte zu.
Libby ließ die Augen geschlossen. Massiv und glatt fühlte sich der Briefbeschwerer an, irgendwie beruhigend. Sie wartete. Lauschte.
Schritte.
Keuchen.
Jemand sagte harsch etwas, und obwohl er es in der fremden Sprache tat, erkannte Libby am Tonfall, dass es ein Fl