: Raymond Unger
: KAI
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958905924
: 1
: CHF 17.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 440
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In seinem packenden Wissenschaftsthriller entführt Raymond Unger seine Leser in die alptraumhafte Welt einer unkontrolliert waltenden Künstlichen Intelligenz. Die Folgen erinnern an Tolkiens Herr der Ringe: »Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.« In Berlin lässt der Professor für neue Medien Nils Larsen von der KI ein virtuelles Bild einer attraktiven Frau erstellen - kurze Zeit später lernt er die Schöne in der Realität kennen. In San Francisco vermarktet der Kreativdirektor Peter Siemsen KI-gesteuerte Avatare - die Projektionen entwickeln jedoch eine beunruhigende Eigendynamik. In Hamburg vertraut der Klimaforscher Rolf Hoffmann KI-gesteuerten Klimamodellen - die sich als grundfalsch erweisen. Und in Mainz designt der Epidemiologe Yanis Petridis mithilfe der KI neuartige mRNA-Impfstoffe - die auf lange Sicht verheerende Nebenwirkungen entfalten. Erst als der C.G.-Jung-Analytiker Johannes Baumkamp einen dieser KI-Nutzer behandelt, wird ein Muster hinter den Ungereimtheiten sichtbar. Was wie unscheinbare Fehler der KI anmutet, hat Methode. Die Suche nach den Hintergründen entwickelt sich zur Odyssee und Lebenskrise, in der Baumkamp seine psychologische Praxis und Ehe riskiert. Am Ende sucht er Rat bei seinem Mentor und ehemaligen Lehrer in Schweden. Als letztes Universalgenie leitet der Psychologe und Physiker Justus von Siggelkow dort ein abgelegenes Institut zur Erforschung parapsychologischer Phänomene. Hier finden sich Hilfe suchend auch andere Protagonisten aus den verschiedenen Disziplinen ein, die durch ihre intensive KI-Nutzung ebenfalls in eine Krise geraten sind. Und hier, in der schwedischen Enklave, deckt die Gruppe schließlich ein Schreckensszenario auf, das die gesamte Menschheit bedroht ... KAI ist ein dystopisch-okkulter Thriller, in dem die konsequente Nutzung Künstlicher Intelligenz in den Bereichen Biotechnologie, Klimaforschung und Sicherheitspolitik in eine globale Katastrophe mündet, in der die Freiheit des Einzelnen nichts mehr zählt.

Raymond Unger lebt als Autor und bildender Künstler in Berlin. Er ist als Kunstmaler in eigenem Atelier tätig, schreibt Essays und Bücher und hält Vorträge zu den Themen Kunst, Psychologie und Politik. KAI ist nach Die Heimat der Wölfe (Neuauflage 2024, Europa Verlag) das zweite belletristische Werk des Autors. Als renommierter Sachbuchautor verfasste Unger unter anderem die Gesellschaftsanalysen Die Wiedergutmacher (2018, Europa Verlag), Vom Verlust der Freiheit (2021, Europa Verlag), Das Impfbuch (2021, Scorpio Verlag) und Die Heldenreise des Bürgers (2023, Europa Verlag).

VOMIT


»Und dann sagte der Junge, ›Ich wünschte, ich wäre Araber.‹« Johannes Baumkamp hielt inne, ließ die Worte wirken, als seien sie ein besonders exotisches Gewürz für sein Abendessen. Sein Blick wanderte kurz zu Marina, bevor er wieder zur dampfenden Pfanne zurückkehrte. »Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört. Natürlich hakte ich nach.«

Er holte das Tomatenmark aus der Kühlschranktür und begann, es sorgfältig in die heiße Pfanne einzurühren. »›Warum gerade ein Araber?‹, fragte ich ihn. Und weißt du, was er sagte? ›Da sind immer alle zusammen und so. Ich weiß das wegen Ahmad, da bin ich öfter. Wenn da einer Stress machen will, stehen alle hinter ihm. Dem kommt keiner so schnell krumm.‹« Johannes imitierte die wörtliche Rede seines jungen Klienten, indem er »isch« statt »ich« sagte und die Wörter »Stress« und »krumm« mit einem rollenden R aussprach.

»›Und bei dir zu Hause?‹, fragte ich ihn. Da wurde er plötzlich ganz still und er sagte nur: ›Kannste vergessen. Papa ist nie da. Mama ist nachmittags schon blau.‹«

»Traurig«, murmelte Marina, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. Sie wusste, was Johannes erwartete – eine Bestätigung, eine Deutung, etwas, das die zermürbende Realität des Jungen in ihrer Komplexität aufgriff und greifbar machte. Doch sie schwieg. Johannes legte die Kelle zur Seite, griff nach dem Rotwein und schenkte sich ein. Sein Blick war ernst, aber nicht ohne die übliche Spur von Stolz – stolz darauf, diese Geschichten tragen zu können, sie zu entwirren und zu verstehen. »Ohne das Aggressionspräventionsprogramm, das seine Therapie finanziert, wäre der Junge verloren. Was er vermutlich trotzdem ist.«

Das Therapeutenpaar nutzte die Expertise des anderen zur allabendlichen Supervision, doch diesmal ließ sich Marina nur den Geschmack der Puttanesca auf ihrer Zunge zergehen, während die Worte ihres Mannes noch in der Luft hingen. Johannes war so in seine Geschichte vertieft, dass er die Stille nicht bemerkte. Oder vielleicht störte sie ihn einfach nicht.

»Morgen ist schon wieder Donnerstag«, warf er schließlich beiläufig ein, während er die restlichen Nudeln auf seinem Teller umherschob.

»Ich weiß. Warum?«

»Da kommt der Künstler wieder. Nils Larsen. Du weißt schon, der aus der Süddeutschen. Der, der den Sony World Photography Award gewonnen hat. Jetzt ist er überall: FAZ, Spiegel, S