: Owen King
: DIE KURATORIN mit einem Nachwort von Joe R. Lansdale
: Buchheim Verlag
: 9783946330509
: 1
: CHF 6.30
:
: Fantastische Literatur
: German
: 552
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Dickens'sche Fantasie voller Illusionen und Charme, in der Katzen verehrt werden, Gelehrte Revolutionäre sind, Diebe edel und Zauberer die wunderbarsten Verbrecher. Auf den ersten Blick hat sich die Welt nicht verändert. Straßenkinder spielen noch immer auf den beiden großen Brücken und die Schickeria geht noch immer ins Morgue Ship, um sich einen Abend lang zu amüsieren. Doch es braucht nur einen Funken, um eine Revolution zu entfachen. Auf der Suche nach der Wahrheit über ihren Bruder Ambrose schließt sich das junge Dienstmädchen Dora einem der radikalen Studenten an. Doch dann soll sie sich um das Museum des Arbeiters kümmern - ein seltsames, vergessenes Gebäude, voll mit beunruhigend lebensechten Wachsfiguren von Bergarbeitern, Krankenschwestern und Ladenbesitzern. Während Revolution und Gegenrevolution Kräfte der Liebe und des Verrats, der Magie und furchtbarer Dunkelheit freisetzen, wird Doras Suche eine monströse Verschwörung aufdecken und sie an den Rand der Welt bringen. In Die Kuratorin hat Owen King ein faszinierendes Zeitalter und einen außergewöhnlichen Ort erschaffen: historisch, fantastisch und doch fesselnd real; sowie eine Heldin, die mutig, neugierig und zutiefst bemerkenswert ist. Vorzugsausgabe im Schuber: signiert von Owen King& François Vaillancourt. Holly Black: »Halb Märchen, halb historischer Tatsachenbericht über eine Revolution, die nie stattgefunden hat, ist Owen Kings Die Kuratorin voller scharfsinnigem Humor, Sinnlichkeit und Skurrilität.« Kirkus, starred review: »Ein Roman von Dickens vereint sich mit einem Gemälde von Hieronymus Bosch - düsterer, chaotischer Spaß.« The New York Times: »Der Roman hat seine ganz eigene sanfte Lyrik und suggestive Bildsprache, die dazu beiträgt, dass die Seiten nur so dahinfliegen. King hat ein Händchen für farbenfrohe Metaphern und durchdachte Perspektiven.« Anthony Breznican, Vanity Fair: »Elegant und eindringlich ... spielt Die Kuratorin in einer Fantasiewelt namens Die Schönste ... einer Gesellschaft, die technologisch etwa ein Jahrhundert hinter der unseren zurückliegt, uns aber in Bezug auf Magie und Übernatürliches weit voraus ist.« Library Journal: »Kings neuestes Werk ist ein Meisterwerk der Erzählkunst.« The Guardian: »Die Kuratorin beginnt wie eine Geschichte aus einer alternativen Welt, die durch ihren Detailreichtum und ihre vielfältigen Charaktere einen fast Dickens'schen Ton anschlägt. Ein tolles Gemisch aus Realismus, Fantasie und Skurrilität.« Tor.com: »Kings Welt ist teils stimmungsvoll viktorianisch, teils Terry Pratchett, und es gibt neben der mutigen Hauptfigur eine Menge zu entdecken. Die Kuratorin ist ein wahres Kuriosum von einem Buch.« Crime Reads: »Eine entzückende neuartige Fantasygeschichte... Kings Roman fühlt sich an wie der Nachfolger von Terry Pratchetts Scheibenwelt-Romanen.« Booklist: »Kings außergewöhnlicher Roman ist teils ein Gothic-Thriller und teils eine absurde Regierungssatire. In diesem äußerst kreativen Roman werden Klassenkampf und Ressentiments, dunkle Komödie und bittersüße Romantik miteinander verwoben, was Fans verworrener dunkler Phantastik begeistern wird.« Publishers Weekly: »King erweitert seine gleichnamige Kurzgeschichte in dieser viktorianisch anmutenden Fantasy, die sowohl Momente des Grauens als auch des Humors enthält.«

OWEN KING ist der Autor von Double Feature und We're All in This Together, sowie Co-Autor von Sleeping Beauties. Er ist Mitherausgeber von Who Can Save Us Now?. Sein neuester Roman DIE KURATORIN wurde im März 2023 veröffentlicht und erschien auf Deutsch im Buchheim Verlag. Owen lebt mit seiner Familie im Hinterland von New York.

NEUE LEUTE


Vor dem Aufstand hatte sie als Teil des Gesindes der Nationalen Universität gearbeitet, nun jedoch plante D, sich eine Stellung in der Gesellschaft für Psychikalische Forschung zu verschaffen. Überall in der Stadt würde man neue Leute brauchen – nicht wahr? –, um die Posten neu zu besetzen, die zuvor Mitglieder des abgesetzten Regimes und deren Anhänger innegehabt hatten. Dies traf nicht nur für die Regierung und das Militär zu, sondern zog sich durch das gesamte alltägliche Leben, wo jede Stelle in Schulen und Geschäften, Gaswerken und Theatern unter der Fuchtel der herrschenden Eliten gestanden hatte, solange man zurückdenken konnte.

Obwohl sie sich nur ein einziges Mal, als junges Mädchen, innerhalb der Mauern der Gesellschaft aufgehalten hatte, war ein Bild davon in Ds Erinnerung verblieben, das Bild vom »Großen Saal«, wo sie eines Morgens darauf gewartet hatte, dass ein Dienstbote ihren älteren Bruder holte, der damals Juniormitglied gewesen war. Der rot-goldene Teppich auf dem Boden hatte für ihre Kinderaugen so dick ausgesehen, dass man eine Murmel darin verstecken könnte. Die hohen Regale an den Wänden waren voller Bücher. An einem Schreibtisch hatte sich eine Frau in dramatischem Blau über ein dickes Buch gebeugt und Linien mit Kompass und Lineal markiert. Auf einer ordentlichen kleinen Bühne war eine Ausstellung von Zaubertricks aufgebaut. Von der Decke hing ein großes Mobile des Sonnensystems, dessen Zentralgestirn so groß wie ein Krocketball war und dessen elf Planeten die Größe von Billardkugeln hatten. Und vor dem Kamin hatte ein feiner Herr in Tweedhose in einem Ledersessel gesessen und mit einem Lächeln auf den Lippen und unter den Achseln eingeklemmten Händen geschlafen.

In den schwierigen Jahren im Anschluss an ihren einmaligen Besuch hatte sich D oft in die Vorstellung von der Ruhe und den Möglichkeiten zurückgezogen, die dieser geräumige und zivilisierte Raum zu bieten schien. Wenn solch ein perfekter Raum in einer Stadt wie dieser in aller Stille existieren konnte, vielleicht verbarg sich dann dahinter noch etwas anderes, etwas mehr – ein anderer Teil des Lebens.

Ihr Besuch der Gesellschaft und ihres Großen Saals hatte vor etwa fünfzehn Jahren stattgefunden, zu einer Zeit also, als die Auflehnung gegen die Wohlhabenden und Mächtigen noch unvorstellbar war. Nicht lange danach war ihr Bruder Ambrose nach einem kurzen Anfall von Cholera gestorben. Die beiden Ereignisse, der Besuch und Ambrose’ Tod, waren in ihrer Gedankenwelt miteinander verknüpft.

D dachte oft an die letzten Worte ihres Bruders. Sie waren voller Ehrfurcht gewesen, heiser, aber klar. »Ja, ich sehe dich. Dein … Gesicht.«

Wessen Gesicht? Ambrose war absolut verschlossen gewesen, hatte immer Ausflüchte gemacht und manchmal Dinge gesagt, von denen D nicht wusste, ob sie sie glauben oder ernst nehmen konnte. Einmal hatte er ihr erzählt, es gebe andere Welten. Vielleicht stimmte das. D war beinahe sicher, dass er in jenen letzten Momenten etwas gesehen hatte; keine Halluzination, sondern etwas Reales und Erstaunliches