: Andreas Neuenkirchen
: Völlig losgelöst - Wie Karaoke die Welt eroberte
: Leykam Buchverlag
: 9783701183807
: 1
: CHF 17.60
:
: Musik, Film, Theater
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hier kommt die mitreißende Popkultur-Story über das globale Mitsingen Karaoke ist mehr als nur ein Partyspaß - es ist ein weltweites Phänomen, das seit über fünf Jahrzehnten Menschen überall verbindet: ob in Kneipen, Wohnzimmern oder auf großen Bühnen. Aber wie konnte es zu der Mitsing-Manie kommen, die uns verleitet, auf musikalische oder oft sehr unmusikalische Weise unser Innerstes nach außen zu kehren? Andreas Neuenkirchen, Popkulturkenner und Japan-Experte, erzählt, wie ein musikbegeisterter (wenngleich nur durchschnittlich sangesbegabter) Ingenieur in seiner Werkstatt den Grundstein für die internationale Erfolgsgeschichte legte, wie seine Idee sich weltweit ausbreitete und warum wir Karaoke auch in Zukunft nicht loswerden. Mit Witz und Tiefe geht es dabei auch um die gesellschaftlichen Folgen - von handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Todesfolge bis zur heilenden Kraft des Singens. Ein Muss für alle, die Popkultur lieben.

Andreas Neuenkirchen, geboren in Bremen, arbeitet seit den frühen 90ern als Journalist, zunächst frei im Feuilleton Bremer Tageszeitungen und Stadtmagazine, später als Redakteur in München online und offline. Er ist der Autor mehrerer Sachbücher und Romane mit Japan-Bezug, darunter der Bestseller »Gebrauchsanweisung für Tokio und Japan« (Piper). Über japanische Popund Gegenwartskultur schrieb er unter anderem für Merian, The Japan Times und Tokyo Weekender. Andreas Neuenkirchen lebt mit seiner Familie in Tokio.

Track 1


Herr Negishi singt bei der Arbeit


Shigeichi Negishi mochte zwei Dinge: Elektroteile und den Klang seiner Stimme. Mit letzterem gehörte er in seinem sozialen Umfeld einer Minderheit an. Die Angestellten seiner Firma meinten, ihr ständig singender Chef müsste sich selbst nur einmal so hören, wie sie ihn hörten, um zur Besinnung zu kommen. Auf den Gedanken folgten Taten. Und der Rest ist Karaoke.

ITABASHI, TOKIO, 1967


Mit 44 Jahren führte Shigeichi Negishi einen gut gehenden, selbst gegründeten Betrieb, der Elektronikteile für größere Unternehmen aus der Branche der Unterhaltungselektronik herstellte. Sein Weg dahin war kein geradliniger gewesen. Als junger Mann befand er sich mitten im Wirtschaftsstudium an der Hosei-Universität in Tokio, als er im Zweiten Weltkrieg an die Front berufen wurde. Der Krieg endete für ihn in einer zweijährigen Gefangenschaft in Singapur. Als er nach Japan zurückkehrte, verkaufte er zunächst Kameras für den namhaften Hersteller Olympus und versuchte sich, die Zeichen der Zeit erkennend, an Manga- und Anime-Merchandising. Einmal besuchte er das Mushi-Studio von Osamu Tezuka, dem Erfinder des modernen japanischen Comics, dessen Einfluss auf die japanische Gegenwartskultur mit dem von Walt Disney auf die amerikanische vergleichbar ist. Er wollte der Marketing-Abteilung die Rechte abluchsen, tragbare Radios mit der Tezuka-Figur Astro Boy zu verzieren, einer atombetriebenen Roboter-Version von Pinocchio. Die Verhandlungen verliefen anscheinend nicht zu Negishis Zufriedenheit. Dennoch war er fasziniert von dem, was er im Studio sah. Der mächtige Tezuka arbeitete auf einer Empore über allen anderen und ließ gelegentlich über ein komplexes Seilwindensystem Entwürfe zu seinen Assistenten herab, damit sie diese vervollständigten. Negishi war beeindruckt davon, wie der Künstler, der schon zu Lebzeiten der „Gott des Mangas“ genannt wurde, seinen Schaffensprozess organisiert und automatisiert hatte. Womöglich gab ihm das Ideen für seine eigene Firma, die er bald g