: Daniel Defoe
: André Hoffmann
: Die Pest zu London
: Andhof
: 9783736429192
: 1
: CHF 1.80
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 180
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Erzähler mit den Initialen H. F. lebt in Aldgate/Whitechapel und führt ein Sattlergeschäft. Angesichts der drohenden Pest rät ihm sein Bruder zur Flucht, doch H. F. entscheidet sich aus religiösen Gründen zu bleiben. Er beobachtet die Auswirkungen der Epidemie, hört Geschichten der Betroffenen und wird zeitweise als Gesundheitsinspektor tätig. Sein Bericht umfasst den Zeitraum von September 1664 bis zum Winter 1665/1666. Die Pest verbreitet sich von den westlichen Pfarreien in die City und die östlichen Bezirke. Diese Zeit war politisch instabil, geprägt von der Wiedereinführung der Monarchie unter Karl II. und religiösen Spannungen. Ein Komet im Vorjahr führte zu Weltuntergangsprophezeiungen und Panik. Kirchen riefen zur Buße auf, Quacksalber boten Heilmittel an, und viele ignorierten zunächst die Gefahr. Die Behörden ergriffen strikte Maßnahmen: Meldepflicht, Quarantäne, Versorgung der Eingeschlossenen, und Desinfektion der Wohnungen. Straßenabschnitte wurden gesperrt, und Freizeitaktivitäten verboten. Wohlhabende Bürger flohen aufs Land oder lebten auf Schiffen. In der Stadt brach das Überwachungssystem zusammen, während Wahnsinnsakte und Suizid zunahmen. Eine Erzählung beschreibt die Flucht dreier Männer, die durch Essex wanderten und auf Widerstand stießen. Die wirtschaftlichen Folgen waren verheerend: Geschäfte schlossen, Arbeitslose stürzten in Armut, und der Überseehandel kam zum Erliegen. Viele nahmen riskante Jobs als Pfleger oder Wächter an, unterstützt von Spenden der Reichen. H. F. schildert die Verzweiflung der Menschen und die unkontrollierte Ausbreitung der Krankheit. Trotz der Härten überlebten einige durch Zuflucht und Unterstützung, während die Stadt sich langsam von der Epidemie erholte. 'Die Pest zu London', 'A Journal of the Plague Year', ist ein faszinierendes Werk von Daniel Defoe, das erstmals 1722 veröffentlicht wurde. Der Roman bietet eine eindringliche und detaillierte Schilderung der verheerenden Pestepidemie, die London im Jahr 1665 heimsuchte. Defoe, der zum Zeitpunkt der Epidemie noch ein Kind war, stützte sich auf Augenzeugenberichte, offizielle Dokumente und eigene Beobachtungen, um eine lebendige und erschreckend realistische Darstellung der Ereignisse zu schaffen. Der Erzähler des Romans, H.F., berichtet über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pest, das Leid der betroffenen Familien und die verzweifelten Versuche der Stadtverwaltung, die Seuche einzudämmen. Durch seine lebhaften Beschreibungen und sorgfältigen Beobachtungen gelingt es Defoe, die Atmosphäre der Panik und Verzweiflung, die die Stadt ergriff, eindrucksvoll einzufangen. Neben der Darstellung des menschlichen Leids und der Anstrengungen, die Pest zu bekämpfen, reflektiert Defoe auch über die Natur der Krankheit und die möglichen Gründe für ihren Ausbruch. Er zeigt auf, wie die Menschen versuchten, mit Gebeten, Quarantänemaßnahmen und medizinischen Experimenten gegen die Seuche anzukämpfen, und schildert gleichzeitig die Resignation und das Aufgeben vieler Menschen angesichts der scheinbar unaufhaltsamen Ausbreitung der Krankheit. 'Die Pest zu London' ist nicht nur ein historisch wertvolles Dokument, sondern auch eine kraftvolle literarische Darstellung menschlicher Tapferkeit, Schwäche und des Überlebenswillens inmitten einer der größten Katastrophen der Geschichte. Daniel Defoes meisterhaftes Werk bleibt ein zeitloses Zeugnis der menschlichen Erfahrung und der Herausforderungen, die Epidemien und Pandemien mit sich bringen.

Daniel Defoe, geboren 1660 in London, war ein vielseitiger und bemerkenswerter Schriftsteller, Journalist und Pamphletist, der als einer der Begründer des englischen Romans gilt. Seine Karriere war geprägt von einer unermüdlichen Neugier und einem Streben nach Wissen, das ihn in verschiedene berufliche und literarische Bereiche führte. Defoes Leben war ebenso abenteuerlich wie seine Romane, und seine Werke spiegeln die turbulente Zeit wider, in der er lebte. Bereits in jungen Jahren zeigte Defoe eine Leidenschaft für das Schreiben und veröffentlichte zahlreiche politische Pamphlete, in denen er mutig seine Ansichten vertrat. Seine Schriften brachten ihm nicht nur Ruhm, sondern auch Verfolgung und Inhaftierung. Doch Defoe ließ sich nicht entmutigen und nutzte seine Erfahrungen, um in seinen literarischen Werken realistische und lebendige Geschichten zu erzählen. Defoes wohl bekanntestes Werk, 'Robinson Crusoe' (1719), gilt als einer der ersten englischen Romane und wurde schnell zu einem internationalen Bestseller. Die Geschichte des schiffbrüchigen Seefahrers, der auf einer einsamen Insel ums Überleben kämpft, fesselte die Leser und machte Defoe berühmt. Der Roman ist nicht nur ein spannendes Abenteuer, sondern auch eine tiefgehende Reflexion über Isolation, Zivilisation und den menschlichen Geist. Daniel Defoes Leben und Werk sind ein beeindruckendes Zeugnis seines unermüdlichen Geistes und seiner Fähigkeit, die Leser mit seinen Geschichten zu fesseln. Seine Erzählungen haben die Literaturgeschichte nachhaltig beeinflusst und sind bis heute von großer Bedeutung. Entdecken Sie die faszinierende Welt eines der bedeutendsten Autoren der englischen Literatur und lassen Sie sich von den Abenteuern und Erlebnissen Daniel Defoes begeistern.

 

Es war 1664, um den Anfang des September, als ich gesprächsweise von meinen Nachbarn hörte, daß die Pest in Holland von neuem ausgebrochen wäre. Sie war dort im vorhergehenden Jahre sehr heftig aufgetreten, besonders in Amsterdam und Rotterdam, wohin sie nach einigen aus Italien, nach andern aus der Levante mit Waren, die die türkische Flotte heimgebracht hatte, eingeschleppt worden war. Noch andere behaupteten, sie wäre von Kandia oder Zypern gekommen. Nun, woher sie kam, wollte wenig bedeuten, aber darin, daß sie wieder nach Holland gekommen war, stimmten alle überein.

Damals gab es bei uns noch keine gedruckten Zeitungen, um Gerüchte und Neuigkeiten zu verbreiten, die dann durch die Phantasie der Leute weiter ausgeschmückt wurden, wie es nach meiner Erfahrung seither der Brauch geworden ist. Neuigkeiten erfuhr man durch die auswärtigen Korrespondenzen der Kaufleute; sie verbreiteten sich dann auf mündlichem Wege weiter, aber natürlich nicht gleich über das ganze Land, wie es jetzt der Fall ist. Trotzdem scheint die Regierung ganzgenau unterrichtet gewesen zu sein. Sie hielt mehrere Sitzungen ab, um über die Mittel zu beraten, das Herüberkommen der Seuche zu verhindern, aber dies alles wurde ganz heimlich betrieben. Daher geriet das Gerücht allmählich wieder in Vergessenheit, und die Leute hielten dafür, daß es sie eigentlich nicht viel anging und hoffentlich gar nicht wahr wäre. Bis gegen Ende November oder Anfang Dezember zwei Männer, angeblich Franzosen, in Longacre oder am obern Ende der Drurylane-Straße an der Pest starben. Die Leute, bei denen sie gewohnt hatten, versuchten es soweit als möglich zu verheimlichen, da aber durch das Geschwätz der Nachbarschaft doch etwas herumgekommen war, erfuhren auch die Staatssekretäre davon. Sie ließen es sich angelegen sein, Nachforschungen anzustellen, und schickten, um die genaue Wahrheit zu erfahren, zwei Ärzte und einen Wundarzt in das betreffende Haus zur Untersuchung. Da durch diese überzeugende Merkmale der Krankheit bei beiden Leichen festgestellt wurden, gaben die Ärzte ihr Urteil öffentlich ab, daß sie an der Pest gestorben waren. Dies ging an den Kirchspielschreiber weiter, der es dem Magistrat behändigte. In dem wöchentlichen Sterblichkeitsregister wurde es dann in der üblichen Weise abgedruckt:

Pest: 2. Verseuchte Kirchspiele: 1.

Die Leute wurden darüber sehr bestürzt und gerieten in der ganzen Stadt in Aufregung, um so mehr, als in der letzten Dezemberwoche noch einanderer Mann in demselben Hause und an der gleichen Seuche starb. Dann aber hörte man ungefähr sechs Wochen nichts mehr, und als niemand mehr ein Zeichen der Ansteckung zeigte, hielt man dafür, daß die Seuche erloschen wäre. Aber darauf, ich glaube um den 12. Februar herum, starb noch ein Mann in einem andern Hause, aber in dem gleichen Kirchspiel und unter denselben Anzeichen.

Nun richtete sich das Augenmerk aller nach jenem Teile der Stadt, und da die wöchentlichen Register eine stärkere als die gewöhnliche Sterblichkeit in dem Kirchspiel von St. Giles anzeigten, begann sich der Verdacht zu regen, daß die Pest unter der Bevölkerung an diesem Ende der Stadt herrsche, und daß schon viele daran gestorben wären, wenn man auch Sorge getragen hätte, die Öffentlichkeit darüber so viel als möglich im unklaren zu lassen. Dieser Glaube setzte sich in den Köpfen der Leute fest, und nur wenige trauten sich noch, durch Drurylane oder eine der andern verdächtigen Straßen zu gehen, wenn sie nicht durch besondere Geschäfte dazu gezwungen wurden.

Mit der Zunahme in den Sterblichkeitsregistern stand es folgendermaßen: die wöchentliche Durchschnittszahl betrug in den Kirchspielen von St. Giles in the Fields, und St. Andrew, Holborn, von 12 zu 17 oder 19 in jedem, wenig darunter oder darüber. Aber von dem ersten Auftreten der Pest an im Kirchspiel von St. Giles stieg sie ganzerheblich, bis auf 23 und 24, ja 25 im Kirchspiel von St. Andrew.

Eine gleiche Zunahme machte sich in den Kirchspielen von St. Bride bemerkbar, die einerseits an das Kirchspiel von Holborn und das von St. James, andererseits an das weitere Ende von Holborn grenzen. In diesen beiden Kirchspielen betrug die Durchschnittssterblichkeit von 4 zu 6 und 8 in der Woche, während sie nun auf 12 und 13 stieg.

Außerdem geriet das Volk in große Unruhe durch die Beobachtung, daß die wöchentliche Sterblichkeit ganz im allgemeinen stark zunahm, und das zu einer Jahreszeit, da sie gewöhnlich recht mäßig war.

Die wöchentliche Durchschnittssterblichkeit belief sich auf etwa 240 bis zu 300. Letztere Zahl mußte schon als hoch gerechnet werden. Jetzt aber zeigten die Register ständig bei weitem höhere Zahlen, von 291 in der letzten Dezemberwoche bis zu 474 in der Woche vom 17. bis 24. Januar.

Diese Zahl war wirklich erschreckend und höher als irgendeine seit dem letzten Auftreten der Seuche im Jahre 1656.

Doch dies alles ging wieder vorüber. Das Wetter war kalt, und der Frost, der im Dezember begonnen hatte, hielt sich sehr streng bis gegen Ende Februar bei schneidendem, wenn auch nicht heftigem Winde. Die Sterblichkeitsquote ging von neuem herunter, und man hielt die Gefahr für so gut als vorbei. Nur in St. Giles blieb die Sterblichkeit andauernd hoch. Von Anfang April anstand sie auf 25 die Woche, stieg dann aber vom 18. bis 25. auf 30, davon 2 Todesfälle an der Pest und 8 am Fleckfieber, was nach der Ansicht der Leute ein und dasselbe war. So stieg auch die allgemeine Sterblichkeit am Fleckfieber von 8 in der vorigen auf 12 in der eben erwähnten Woche.

Darüber gerieten wir von neuem in Bestürzung, und die Leute wurden von schrecklichen Vorahnungen erfaßt, um so mehr, als das Wetter jetzt umschlug und warm wurde, und der Sommer vor der Türe stand. Aber die nächste Woche brachte neue Hoffnungen: die Sterblichkeitsrate war niedrig und lautete alles in allem nur auf 388, darunter kein Pestfall und nur 4 Fälle von Fleckfieber.

Aber die folgende Woche ging’s wieder aufwärts. Die Seuche verbreitete sich in 2 oder 3 andere Kirchspiele, nämlich nach St. Andrew, Holborn und St. Clement-Danes, und zum außerordentlichen Schrecken der inneren Stadt gab es auch einen Todesfall in der eigentlichen City, im Kirchspiel von St. Mary-Wool-Church, d. h. in der Bearbinder-Straße, nahe am Stocks-Markt. Im ganzen starben 9 an der Pest und 6 am Fleckfieber. Allerdings ergab die Untersuchung, daß der Franzose, der in der Bearbinder-Straße gestorben war, früher in Longacre, in der Nähe der verseuchten Häuser gewohnt hatte und aus Furcht vor der Seuche umgezogen war, ohne eine Ahnung davon zu haben, daß er bereits angesteckt war.

Es war nun schon Anfang Mai, doch das Wetter war veränderlich und ziemlich kühl, und sohatten die Leute noch immer etwas Hoffnung. Was sie besonders ermutigte, war, daß die innere Stadt frei blieb. Von ihren 97 Kirchspielen gab es nur in 54 Todesfälle, und wir trugen uns mit der Hoffnung, daß die Seuche sich hauptsächlich auf die Bevölkerung an jenem Ende der Stadt beschränken möchte und nicht weitergehen würde. Besonders auch, weil die nächste Woche, vom 9. bis 16. Mai, nur 3 Todesfälle brachte, davon keinen innerhalb der inneren Stadtbezirke. Auch in St. Andrew starben nur 15, eine sehr niedrige Zahl. In St. Giles freilich gab es 32 Todesfälle, aber nur einen an der Pest, so daß das Volk sich wieder beruhigte. Auch die Gesamtsterblichkeitsquote war sehr gering, 343 zu 347 in der vorangehenden Woche.

Einige Tage hielten unsere Hoffnungen an, aber nur einige Tage. Denn das Volk ließ sich nun nicht mehr täuschen. Man durchsuchte die Häuser und sah, daß die Pest wirklich über