Kapitel 1
Oktober 2007
Copper Creek, Tennessee
Joey Harris erhob sich aus ihrem Liegestuhl und starrte aus dem Fenster ihres Büros im ersten Stock. Goldene Blätter fielen von den Bäumen und blieben auf dem nassen Gehweg am Rand des historischen Marktplatzes kleben. Zwei Frauen mittleren Alters unterhielten sich auf der Straße, gestützt auf ihre Regenschirme. Wenn sie doch nur Joeys Büro betreten würden und sich in die leeren Felder ihres Kalenders eintragen könnten.
Sie trat vom Fenster zurück und ließ die Gardine los.
Ein schrilles Geräusch ertönte und sie wich zurück. Was, wenn sie den Anruf einfach ignorierte und darauf bestand, den letzten vereinbarten Termin wahrzunehmen? Wenn sie sich weigerte zu akzeptieren, dass ihre Dienste von den Einwohnern von Copper Creek in Tennessee nicht länger benötigt wurden?
Sie straffte die Schultern und nahm das schnurlose Telefon aus der Station. »Josephinas Eventschmiede.«
»Hi, Liebling. Ich wollte nur Hallo sagen. Ich stelle dich laut.«Mom. Joey stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte. Straßenlärm und die Stimme eines Navigationssystems drangen an ihr Ohr.
Joey sank auf das kleine Sofa hinter ihr und streifte ihre Pumps ab.
»Sag deiner Tochter Hallo, Ronnie«, zischte ihre Mutter, als könnte Joey nicht jedes Wort hören.
»Ich versuche, dieser neumodischen Navi-Dame zuzuhören und die Spur zu wechseln, ohne dass ich mit meinem Transporter einen Minivan erledige. Bitte sag deiner Mutter, dass ich nur eine Sache gleichzeitig machen kann, Joey.«
Joey unterdrückte ein spöttisches Lachen. »Läuft eure Fahrt bislang gut?«
Früh an diesem Morgen waren ihre Eltern aufgebrochen. Sie waren aus dem Haus ausgezogen, das Joey mit ihrem Vater zusammen gebaut hatte, als sie gerade einmal acht Jahre alt gewesen war. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie es gewesen war, ihm nicht von der Seite zu weichen und ihm jedes Werkzeug anzureichen, das nicht zu schwer für sie war.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, was ihnen nicht leichtgefallen war, hatte Joey sich gegen den albernen Drang gewehrt, in den mit den Habseligkeiten ihrer Eltern gefüllten Anhänger zu klettern und als blinder Passagier mit ihnen den Neuanfang zu wagen.
»Es sind noch etwa vier Stunden bis St. Petersburg.« Die freudige Erregung in Moms Stimme war ein gutes Zeichen. Dieser positive Ton hatte viel zu lange gefehlt.
»Sonne und Meer, wir kommen!« Dads Ton war munter, aber Joey wusste es besser. Ihre