1
Einfach der Nase nach
Wie streunende Hunde schlitterten die Jungen den Berg bis zum ersten Plateau hinunter. Abhang für Abhang bahnten sie sich ihren Weg durch Gestrüpp und Unterholz, stolperten über Steine, fingen sich wieder, von spitzen Dornen und scharfen Gräsern, den Überlebenden der Augusthitze, unbeeindruckt. Ihr Geschrei klang wie ein Angriff aus eingebildeten Schützengräben, die aber eigentlich der Treibsand ihrer Jugend waren. Auf dem Plateau liefen sie mit großen, unsicheren Schritten weiter und ließen sich keuchend auf die frisch gepflügte Erde fallen.
Der Acker erstreckte sich mit sanftem Gefälle um mehrere Johannisbrotbäume. Das Sonnenlicht fiel schneidend durch die Äste und flirrte über den erschöpften Jungen. Sergio drückte den Lederball gegen die Brust, ein Weihnachtsgeschenk seines Vaters, der ein ergebener Bewunderer des Walisers John Charles war, dem überragenden Torschützenkönig von Juventus und ersten nach Italien „importierten“ englischen Fußballspieler. Jedenfalls war die astronomische Ablöse von hundertzehn Millionen Lire gut angelegt, John Charles hatte in seinen fünf Jahren im schwarzweißen Trikot über hundert Tore geschossen.
Die Jungen schnappten nach Luft, konnten nicht aufhören zu lachen.
Plötzlich sprang Luigi auf und stürzte sich auf Giovanni. Ohne Gewalt, aber mit genau bemessener Wut forderte er ihn zum Kampf. Schon rollten sich beide am Boden. Sergio schaute ungerührt zu, als die Freunde direkt vor seinen Füßen landeten. Er wusste, der Kampf, aus dem Nichts begonnen, würde im Nichts enden.
Und so geschah es: Beide ließen voneinander ab, allerdings nur, um sich auf Sergio zu stürzen, ihm umgehend den Ball zu entreißen und weit ins Aus zu köpfen. Sekunden später liefen sie Sergio schon wieder hinterher, auf ein imaginäres Tor zu. Giovanni und Luigi verteidigten, Sergio war der Stürmer, Täuschungsmanöver, Ablegen, unvermittelte Schüsse in Richtung Bäume, Vor- und Zurückdribbeln. Die frisch gepflügte Erde verhinderte schnelle Pässe, der Spielverlauf war zäh und wurde immer wieder unterbrochen. Als die Jungen das holprige Spiel, die Steinchen und Erde in den Schuhen schließlich leid waren, stellten sie sich mit gewagten Kopfbällen, Ballübungen und endlosen Elfmetern auf die Probe. Zwei Johannisbrotbäume waren die Pfosten, abwechselnd stand einer im Tor.
„Ich kann das einfach nicht“, rief Sergio jedes Mal. Gewöhnlich spielte er auf anderer Position, stürmte das Tor, schützte es nicht.
Alle drei waren nassgeschwitzt. Allmählich ging die Sonne unter und verwandelte den Himmel über den Johannisbrotbäumen in orangerote und kobaltblaue Ströme.
Wie Soldaten nach dem Kampf kehrten die Jungen in den klammen Schatten der Bäume zurück: Sergio, den Ball unterm Arm, Luigi mit hängendem Ko