3.
„... Die Heulager sind bis zur Hälfte gefüllt. Der abzeichnende Überschuss wird morgen mit der Mariéss nach Natriell verschifft. Die Reparaturarbeiten an der Felania sind aufwendiger als erwartet und ...“ Laver hob den Blick von dem Buch, das auf einem Fass lag, zum Hafenaufseher. Dieser stand mit dem Rücken gegen das Tor gelehnt, die Arme vor der Brust gekreuzt.
„Merat, hört ihr mir zu?“
Savinamas Gesicht teilte mit, dass er nicht bei bester Stimmung war.
„Was? ... Aé, ich höre zu.“
Der Dicke senkte die Lautstärke. „Wart ihr beim Stadthalter?“
„Aé.“
„Gabs Ärger?“
„Haltet euch aus meinen ...“
„Herr?“ Eine Frau schob sich verschüchtert heran. Recht jung, sechzehn oder achtzehn Sommer alt. Die Kleidung offenbarte die Armut, in der sie lebte. Das brünette Haar mit einem Tuch gebändigt. Verschmutzte Finger mit abgebrochenen Nägeln nestelten im Stoff des zigfach geflickten Rockes, der dringend einer Wäsche bedurfte. Barfuß und zu dünn im Erscheinungsbild. Ermutigt, nicht angefahren zu werden, trat sie näher. „Herr, ich lebe mit meiner Familie am Ende der Stadt.“ Sie lispelte. „Der letzte Sturm ließ die maroden Bretter unseres Heimes zersplittern.“ Übergroße braungrüne Augen hefteten sich hoffnungsvoll auf Savinama. „Die Mutter liegt kränkelnd im Bett. Das Essen reicht nicht. Das Haus knirscht und knackt. Es zieht. Die Feuchtigkeit kriecht aus jeder Ritze. Wenn der Herbst kommt ...“
„Mädchen ...“, versuchte Laver den Redefluss zu bremsen.
Mit einer Handbewegung gebot der Magier ihm zu schweigen.
„Was willst du?“
„Holz, Herr. Für einen trockenen Schlafplatz. Ich biete meine Dienste. Bin fleißig. Koche, putze, nähe ...“, plapperte sie emsig.
„Zieh dich aus!“, unterbrach sie der Magier beiläufig, als gäbe er den nebensächlichen Befehl, eine Kiste abzuladen. Er konzentrierte sich auf seinen Gehilfen. „Wo waren wir?“ Der sah ebenso verwirrt wie die junge Frau aus. „Es ... Su, die, das ... der Stadthalter ...“
„Habt ihr die Karten geholt, wie ich es aufgetragen habe?“
„Aé. Die liegen im Arbeitsraum. Was ...“
Savinama stieß sich vom Tor, zog das Buch herum und überflog die Eintragungen.
Fahrig versuchte die junge Frau Blickkontakt mit ihm herzustellen. Er schien ihre Anwesenheit vergessen zu haben. Der Gehilfe zuckte verschämt die Achseln. Ihre Augen irrten den Platz entlang. Niemand beachtete sie. Handwerker erledigten ihre Arbeiten, Händler priesen ihre Waren an. Ein Trupp von Kindern schlich um die Stände. Ihre Lippen öffneten und schlossen sich hilflos. Die Ignoranz, die ihr vom Aufseher entgegenschlug, stellte klar, es handelte sich um keinen Scherz. Sie würde seine Aufmerksamkeit nicht mit Worten zurückerhalten. Ihre Schultern sackten zusammen. Zögerlich fassten die zittrigen Finger das Oberteil, ließen es gleichsam dem Rock zu Boden fallen. Sie entblößte beschmutzte Haut, die sich über die Knochen spannte. Mit den Händen suchte sie die kindhafte Brust und den Schritt zu verdecken, das Beben des Körpers mit gesenktem Kopf unter