Meine Geschichte
Ich dachte, ich bräuchte einfach einmal drei Wochen Urlaub, um mich von der monatelangen Überlastung im Job und im Privaten zu erholen. Ich fühlte mich völlig ausgelaugt, mein Akku lud sich nicht mehr auf. Das war im Dezember 2014. Was ich nicht wusste: Das war erst der Anfang. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
Wie alles begann
Es hatte schon früher begonnen. Schon über etwa ein Jahr hinweg hatte ich bemerkt, dass ich angreifbarer geworden war, dass mich Menschen mit ihren Worten kränkten, die vorher an mir abgeperlt wären. Ich war plötzlich nah am Wasser gebaut, brach selbst bei der Arbeit in Tränen aus – peinlich. Ich war immerzu erschöpft, Erholungsphasen wie ein Wochenende verpufften einfach. Meine Geduld war begrenzt, meine Zündschnur kurz. Ich war vergesslich, unaufmerksam. Ich war weniger emphatisch, auch in meinen vierjährigen Sohn konnte ich mich weniger gut einfühlen. Wenn ich von der Arbeit kam und mit ihm auf der Spieldecke saß, hatte ich das Gefühl, ich müsste das Tempo von 230 km/h auf Spielstraßentempo drosseln, was mir zunehmend schlechter gelang. Mein Kopf war weiter im hohen Tempo unterwegs. Das Smartphone immer im Anschlag, schnell noch eine Antwort an den Chef oder die Kollegen schreiben. Nur noch kurz die Welt retten.
Eine neue Kollegin, mit der ich eng zusammenarbeiten sollte und wollte, hatte über einige Wochen verteilt rund ein Dutzend Terminvorschläge von mir abgelehnt. Sie verweigerte die Zusammenarbeit, ließ mich auflaufen, enthielt mir Informationen vor, verbreitete Gerüchte über mich. Plötzlich fehlte Geld aus unserem gemeinsamen Budget, das meiner Abteilung zugestanden hätte – sie hatte es für ihre Projekte eingesetzt, ohne Rücksprache. Ich probierte mehrfach, die Lage zu klären – vergeblich. Mein Chef, der Firmenchef, war zu der Zeit zu sehr in eigenen Herausforderungen gefangen, um ein Machtwort zu sprechen. Das Geld fehlte weiterhin, die Projekte meiner Abteilung stockten, mein Team rebellierte und ich schaffte es nicht mehr, es einzufangen. Es lief nicht gut.
Ich merkte auch, dass ich im Sport weniger belastbar war – zu der Zeit lief ich Halbmarathon und es fühlte sich immer mehr an, als ob ich ständig Gegenwind und Gewichte auf den Schultern hätte bei meinen Läufen. Irgendetwas stimmte nicht.
Eine Schulfreundin war in der Stadt und kam uns über Nacht besuchen. Ich hatte mich so sehr gefreut, doch es war mir viel zu viel. Ich konnte nicht aufhören zu weinen, konnte ihr die erste Stunde nicht einmal mehr Hallo sagen. Sie betrachtete mich liebevoll und sagte: „Ich sehe, wie schlecht es Dir geht, Du musst dringend etwas verändern!“ „Aber was? Ich weiß doch nicht was!“ flüsterte ich nur.
In der Ehe hatten wir zwei Jahre Krise hinter uns und steckten noch mittendrin. Nach dem Abendessen, wenn unser Sohn im Bett war, begannen unsere lautstarken Streitigkeiten hinter Türen. Ich hatte immer weniger Kraft, saß während der Streits irgendwann nur noch auf dem Boden. Es gipfelte in einer Situation, in der Worte etwas in mir zerbrochen haben. Etwas, das bis heute nicht geflickt werden konnte. Heute, mit viel Abstand, weiß ich, dass mein Mann und ich damals beide Angst hatten, wir beide haben hässliche Dinge gesagt, haben den anderen absichtlich und unabsichtlich verletzt, haben uns gewehrt, verbal gekämpft, wollten den Schmerz in uns beenden. Der Bruch in mir war der Auslöser, aber nicht der Grund für alles, was folgte. Das aber sollte ich erst viel später verstehen.
Ich konnte plötzlich nicht mehr weinen. Ich funktionierte nur noch.
Es war, als ob alle Gefühle weg gewesen wären. Alles war grau, schwer, unerträglich. Aber ich ma