Apostolische Dynamik
Madeleine Delbrêl und die Quellen ihrer Spiritualität*
Die synodale Kirche weiß um die Mitverantwortung des gesamten Gottesvolkes. Seine Berufung ist es, der Sendung Christi zu dienen. An diesem neuen Frühling kommt den Laien ein entscheidender Anteil zu. Er beruht vor allem auf dem erwachenden Bewusstsein aller Getauften, in Christus und für die Welt einen einzigartigen und unersetzlichen Platz einzunehmen. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, den Blick darauf zu richten, wie vor unserer Zeit Laien ihre Taufberufung im Laufe ihres Lebens entfalteten. Im Folgenden fokussieren wir uns auf Madeleine Delbrêl (1904–1964).
Die 1904 in Frankreich geborene Sozialarbeiterin, Dichterin und Mystikerin durchlebte eine atheistische Jugend. Im März 1924 fand sie zum christlichen Glauben. Wir feiern also den 101. Jahrestag ihrer Bekehrung, von der Madeleine sagte, dass deren Wucht das gesamte Leben andauerte.1 Wie schaffte es Madeleine, diese Bekehrung immer wieder zu aktualisieren und als Autodidaktin zu einer jener Frauen zu werden, die von ihren kirchlichen Gesprächspartnern (Priester, Bischöfe, die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils) sehr häufig zu Rate gezogen wurde?
Um diese Frage zu beantworten, halten wir uns an Madeleines Lektüre. Damit betrachten wir jene Zeugen, die den Glauben der Delbrêl in der Zeit ihrer Bekehrung erhellten und ihn lebendig hielten. Gewiss: Ihre erste Quelle war stets das Evangelium als „das Buch des Herrn, das es zu leben gilt“.2 Aber darüber hinaus: Aus welchem geistigen Erbe haben sie und ihre Gefährtinnen, die es wagten, „Jesus zu leben“, „inmitten der Armen und Ungläubigen“ geschöpft? Madeleines Berufung wurzelte schon sehr früh auf dem Boden der großen Mystiker. Das mag diejenigen überraschen, die sie nur als soziale Aktivistin mitten unter ihren kommunistischen Freunden kennen. Mittlerweile ermöglicht die Veröffentlichung ihrer Gesammelten Werke und ihrer Briefe3, die tiefe Einheit zwischen ihrem aktiven und ihrem inneren Leben besser zu verstehen. Wir werden drei dieser Quellen in den Blick nehmen: den Karmel, die Französische Schule der Spiritualität und Charles de Foucauld. Dabei wird sich zeigen, dass es einen Konvergenzpunkt dieser drei Ströme gibt. Zu guter Letzt schlagen wir die Brücke zu Henri de Lubac SJ.
Der Karmel
In den Jahren nach ihrer Bekehrung sehnt sich Madeleine danach, zu verstehen, was sie gerade erlebt hat und was sie als „Blendung“ bezeichnet. Geblendet zu sein bedeutet,