Kapitel 7
Cap d’Antibes, Samstag, 13. Juni 2015
Wie bin ich bloß eingeschlafen?
Mit einem Gefühl von Scham richtete Manfred sich im Bett halbwegs auf. Der Fernseher lief immer noch ohne Ton, aber im Moment wurde auch nichts gesendet. Sein Handy lag auf dem Boden. Die Uhr zeigte kurz vor 5 Uhr am frühen Morgen.
Lange hatte er noch mit Ludwig und Fredrik vor dem Fernseher ausgeharrt und die Nachrichtensendungen angeschaut, die News-Seiten im Netz immer wieder aufgerufen und darauf gewartet, dass Amir ins Hotel zurückkommen oder zumindest anrufen würde. Sie zerbrachen sich die Köpfe, was ihrem Freund da unten im Erdgeschoss passiert sein könnte, ob sie ihn vielleicht ins Krankenhaus gebracht hatten und er sie von dort nicht kontaktieren konnte. Sie riefen sogar in ein paar Krankenhäusern im näheren Umkreis von Juan-les-Pins an. Je später es wurde, desto mehr forderten der Schock und der viele Alkohol im Blut ihren Tribut. Jeder verschwand wortlos in seinem Zimmer.
Habe ich etwas übersehen?
Manfred rannte über den Flur und klopfte an die Tür von Amirs Hotelzimmer. Vom Lärm wurde sofort die Tür daneben aufgerissen.
»Er ist nicht da.« Ludwig trat hinaus in den Flur. Er war bleich und seine Stimme klang seltsam. »Wir müssen reden. Auf der Stelle. Weck Fredrik und kommt zu mir rüber.«
»Ist er zurück?«
»Manfred, du musst Fredrik wecken. JETZT!«
Etwas in Ludwigs Gesichtsausdruck bewirkte, dass Manfred sofort umdrehte und zu Fredriks Tür rannte.
Ein paar Minuten später saßen sie auf Ludwigs Bett und starrten ungläubig ins Leere.
»Das kann doch nicht wahr sein. Das glaube ich nicht.« Manfred schüttelte den Kopf. »Das ist total unwahrscheinlich. Du hast bestimmt was falsch verstanden.«
»Manfred, beruhige dich. Ich bin mir hundertprozentig sicher. Er ist es. Das habt ihr doch selbst gesehen. Ich spiele euch den Clip noch mal vor.« Ludwig stellte sein Handy lauter und hielt es hoch, damit die anderen es sehen konnten.
Danach herrschte erst einmal Schweigen. Keiner konnte die Bilder, die sie soeben gesehen hatten, so richtig begreifen. Auch Ludwig schien noch ganz schockiert zu sein, obwohl er sie nach eigenen Angaben inzwischen mehrmals angesehen hatte.
Manfred fasste sich als Erster. »Das ist doch wahnsinnig. Die haben sich geirrt. Dürfen sie das einfach so?«
»Vielleicht war es auch nur jemand, der Amir ähnlich sieht?« Fredrik raufte sich die Haare, sodass sie in alle Himmelsrichtungen abstanden. Ohne das Haarwachs, das er immer benutzte, wirkte er irgendwie geschrumpft, als sei seine ganz selbstverständliche Autorität an die Frisur gekoppelt.
»Es ist Amir«, entgegnete Ludwig. »Das Bild, auf dem er abgeführt wird, ist scharf. Der Fotograf muss es irgendwie hinter die Absperrungen geschafft haben, oder er hat von der Polizei Einlass er