Wie Tiere des Waldes Ein Schauspiel von Hetzjagd, Liebe und Tod einer Jugend
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Friedrich Wolf
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Wie Tiere des Waldes Ein Schauspiel von Hetzjagd, Liebe und Tod einer Jugend
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EDITION digital
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9783689124106
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1
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CHF 6.10
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Historische Romane und Erzählungen
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German
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198
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Wasserzeichen
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Im Frühjahr 1945, als der Krieg seinem bitteren Ende entgegentaumelt, kämpfen junge Menschen um Freiheit, Liebe und das nackte Überleben. Friedrich Wolfs Drama 'Wie Tiere des Waldes' erzählt in eindringlichen und poetischen Szenen von Hanne und Kurt, deren unerschütterliche Liebe sie inmitten von Chaos und Gewalt ins Dickicht des Waldes führt - auf der Suche nach Menschlichkeit und einem Ausweg aus der Hoffnungslosigkeit. Doch der Wald, einst ein Symbol von Schutz und Freiheit, wird zur Kulisse tragischer Entscheidungen. Eine zutiefst menschliche Geschichte über Mut, Widerstand und den Wunsch, sich selbst und einander treu zu bleiben. Ein fesselndes Zeitzeugnis, das den Kampf um Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit zeigt - bewegend, hochaktuell und unvergessen.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; ? 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte. Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden. Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama,"Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt. Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort. Staatliche Auszeichnungen 1943: Orden Roter Stern 1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock 1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter. Werkverzeichnis
Straße im Vorgelände einer Großstadt. Auf einem umgestürzten Telegrafenmast sitzen in der Dämmerung eines Aprilabends 1945 die junge Hanne Krug und der Bäckerlehrling 'Mucki'. Hinter ihnen offenes Feld HANNE zieht ihre Jacke fester um die Schultern. MUCKI: Der April hat's in sich, Hanne. HANNE atmet tief: Die Luft ist wie Sammet. MUCKI: Grad die ist gefährlich. HANNE lacht plötzlich. MUCKI: Was ist da so komisch? HANNE: Bist bange, Mucki? MUCKI: Wie? HANNE: 'Gefährlich', Mucki, was ist denn heut noch gefährlich? Wenn ich heimkomme und da liegt vielleicht ein Brief vom Kurt auf dem Tisch und der Vater packt mich und sagt, er erwürgt mich wie 'ne räudige Katze, und wenn ich jetzt hier auf ihn warte und die Soldaten kommen ... ach, Mucki, wo alles heut gefährlich ist, ist doch schon gar nichts mehr gefährlich. MUCKI: Und wenn er nicht kommt? HANNE erschrocken: Was dann? MUCKI: Glaub doch nicht an den Urlaub, Hanne ... HANNE: Er hat's mir geschrieben! MUCKI: Wo heut jedes Kind zum Einsatz muss ... HANNE schnell: Der Krieg ist gleich aus, schreibt er. MUCKI: 'Gleich', na ja; hm, Spaß ... an den Bäumen hängen jetzt Birnen mit zwei Beinen. HANNE: Die machen mir noch lange nicht gruselig, deine 'Birnen mit zwei Beinen'! Alles abschüttelnd, plötzlich fröhlich. Du, Mucki, im Sommer, da werde ich mit dem Kurt im Wald liegen unterm Gebüsch, die Nase an der Erde - ah, wie gut die riecht -, und mich ins Laub wuscheln wie in ein Bett ... MUCKI ebenfalls in Gedanken: Du, Hanne, weißt du eigentlich ... HANNE schaut nach vom in die Dämmerung: ... Und der Krieg wird aus sein, und der Kurt wird 'ne Werkstatt auftun für Motorräder und Wagen. MUCKI: Also auch meine Trude sagt immer: 'Mucki', sagt sie, 'du musst dich selbstständig machen, hast dich lang genug am Riemen gerissen für deine Alte!' Ich sollt die Bäckerei übernehmen, wo ich schon achtzehn bin ... HANNE träumend: Ich werd nähen für unsre Bekannten, und wenn er unten rumort, lass ich oben die Maschine laufen ... MUCKI: Mal langsam, Hanne! HANNE lachend: Angstbüxe! MUCKI: Was sagt denn dein Vater dazu? HANNE ablenkend: Du, Mucki, das muss doch einmal Schluss werden mit der Schießerei, meinst du nicht? MUCKI: Heut sind am Himmel so Vögel wie Wildenten über unser Haus gezogen; da wird's bald Frühling. HANNE steht plötzlich auf: Hör auf mit deinem Frühling! MUCKI: Spaß, Hanne, was hast du bloß? Sag mal, quälst du den Kurt auch so? HANNE: Wie? MUCKI: Ich hab da ein Buch, da steht: die Liebe müsse einem wehtun; das sei so 'n Zustand, und die Trude meint zu mir, weil die Mutter mich im Geschäft nicht mitreden lässt: 'Mucki', sagt sie, 'du bist noch ein achtzehnjähriges Flaschenkind!' Hm, Spaß ... und weil ich doch drei Finger an der Knetmaschine verloren habe, nennt sie mich ihren 'Stummel', aus Liebe, sagt sie ... HANNE nach links lauschend: Still! MUCKI: Was ist? HANNE: 'ne Streife! Man hört genagelte Stiefel im Gleichschritt, zugleich eine Stimme: 'Am Straßenrand gehen! Laden, sichern!' HANNE zu Mucki: Los, hak dich ein! MUCKI Arm in Arm mit ihr: Mir kann's egal sein! Plötzlich in heller Angst. Aber wenn sie nach dem Kurt fragen?! HANNE leise: Vom Kurt weißt du nichts! Unteroffizier und zwei Soldaten als Streife von links. UNTEROFFIZIER, gegen Mucki und Hanne: Halt! Leuchtet sie mit Taschenlampe an. Was treibt ihr euch hier herum, ihr Zigeuner? Fremdarbeiter? Blindschleichen? Ganz nahe. Oder abgehauen? MUCKI zeigt seinen Wehrpass: Alles in bester Ordnung, Herr Unteroffizier! UNTEROFFIZIER: 'Drei Finger der rechten Hand?' - Vorweisen! MUCKI zeigt die Hand: Nichts zu machen, Herr Unteroffizier. UNTEROFFIZIER: Dein Glück, Jungchen! Denn was da im Vorgelände jetzt herumkrebst, wo jeder Mann im Einsatz zu stehen hat ... 'ne Affenschande! Hast du vielleicht eben einen in 'ner Uniform hier sich verkrümeln gesehn? Antwort! MUCKI: Was für 'ne Uniform, Herr Unteroffizier? UNTEROFFIZIER: Idiot! Gibt ihm den Wehrpass zurück. Dein Glück, Jungchen! Er geht mit den Soldaten schnell nach rechts, während Hanne den Mucki, der einen Augenblick verdattert dasteht, nach links zieht.