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»Könnte man vielleicht so bezeichnen.« Warner zuckt die Achseln. »Wir nennen es Simulationsraum.«
»Du hast mich gezwungen, dieses Kind zu foltern«, sage ich, und die Wut und Angst dieses Tages brechen wieder über mich herein. Wie sollte ich das je vergessen können? Die entsetzlichen Erinnerungen aus meiner Vergangenheit, die ich erneut durchleben musste, weil Warner seinen Spaß haben wollte. »Das werde ich dir niemals verzeihen«, sage ich, und meine Stimme klingt schneidend. »Ich werde dir niemals verzeihen, was du diesem kleinen Jungen angetan hast. Was ich ihm deinetwegen antun musste!«
Warner runzelt die Stirn. »Entschuldige – was?«
»Du warst bereit, einKind zu opfern!« Jetzt zittert meine Stimme. »Wegen deiner idiotischen Spiele! Wie konntest du nur etwas so Abscheuliches tun!« Ich feuere das Kissen auf ihn. »Du krankes, herzlosesMonster!«
Warner fängt das Kissen auf und starrt mich an, als sähe er mich zum ersten Mal. Dann weiten sich seine Augen, und das Kissen gleitet ihm aus der Hand, fällt zu Boden. »Ach so«, sagt er langsam. Kneift die Augen zu, um sich zu beherrschen. »O Gott, du wirst mich umbringen«, sagt er, kann sein Lachen jetzt nicht mehr unterdrücken. »Damit komme ich bestimmt nicht mehr klar –«
»Wovon redest du? Was ist los?«, frage ich.
Er grinst immer noch breit, als er sagt: »Erzähl es mir, Süße. Erzähl mir einmal ganz genau, was an dem Tag passiert ist.«
Ich balle die Fäuste vor Wut über seine Flapsigkeit. »Du hast mir irgendwelche winzigen Stofffetzen zum Anziehen gegeben! Und mich in die Kellerräume vom Hauptquartier gebracht und in einen dreckigen alten Raum eingeschlossen. Ich seh das alles noch vor mir«, sage ich, um Beherrschung bemüht. »Widerliche gelbe Wände. Abgetretener brauner Teppich. Riesiger Spionspiegel.«
Warner zieht die Augenbrauen hoch. Nickt, damit ich weiterspreche.
»Dann … hast du irgendeinen Schalter umgelegt.« Ich muss mich zwingen weiterzureden. Habe keine Ahnung, weshalb ich an mir selbst zu zweifeln beginne. »Und diese riesigen Metallstacheln schossen aus dem Boden. Und dann –«, ich zögere, muss mich wappnen, »kam ein Kleinkind reingelaufen. Mit verbundenen Augen. Und du hast gesagt, er sei dein Stellvertreter. Wenn ich ihn nicht retten würde, dann würdest du es auch nicht tun.«
Warner betrachtet mich forschend. »Bist du sicher, dass ich das gesagt habe?«
»Ja.«
»Ach ja?« Er legt den Kopf schief. »Du hast mit eigenen Augen gesehen, wie ich das gesagt habe?«
»N-nein«, sage ich rasch, »aber da waren Lautsprecher – ich habe deine Stimme gehört –«
Er holt tief Luft. »Ja, sicher. Natürlich.«
»Ich habe dich aber sprechen hören«, beharre ich.
»Und was ist danach passiert?«
Ich schlucke. »Ich musste den Jungen retten. Er wäre sonst gestorben. Er sah nicht, wo er hinlief, und wäre sonst von diesen Stacheln aufgespießt worden. Ich musste ihn hochnehmen und so halten, dass ich ihn dabei nicht töten würde.«
Ein kurzes Schweigen.
»Und ist dir das gelungen?«, fragt Warner dann.
»Ja«, flüstere ich. Ich kann nicht begreifen, weshalb er mir diese Fragen stellt, obwohl er doch alles selbst miterlebt hat. »Und dann wirkte der Junge leblos«, rede ich weiter. »War einen Moment lang ge