Einleitung
Die Temperaturen steigen, die Gletscher schmelzen, Naturkatastrophen stehen auf der Tagesordnung. Die Ökosysteme sind gefährdet. Die Klima- und Biodiversitätskrise, das rasante Tempo technologischer Entwicklungen, kriegerische Auseinandersetzungen, nukleare Bedrohung, geopolitische Verschiebungen, gesellschaftliche Umwälzungen prägen unsere Gegenwart. Wie ist eine wünschenswerte Zukunft überhaupt noch denkbar? Wie ist es bestellt um die Interdependenzen, die komplizierten Ungleichgewichte und Ambivalenzen zwischen Mensch / Natur / Künstlicher Intelligenz? Und wie steht es um die Würde des Menschen, der Natur?
Zu diesen und ähnlichen Fragen treten 14 österreichische bzw. in Österreich tätige Autorinnen und Autoren mit Partnerinnen und Partnern aus dem Ausland in einen Dialog. Manchmal beziehen sich die entstandenen Texte aufeinander, manchmal stehen sie unabhängig nebeneinander. Die Ausdrucksformen sind vielfältig: Literarische Prosa ist ebenso vertreten wie Essays, fiktive Korrespondenzen oder eine Flaschenpost. Dystopische und utopische Ansätze werden verwoben, manches erinnert an klassische Science-Fiction.
Die geschriebene Zukunft kann zum Denken anregen, zum Lachen bringen, aber auch erschrecken und sich einem leichten Zugang verschließen. Allen Texten gemein ist, dass sie das Bewusstsein schärfen, die Diskussion über mögliche Lösungsansätze für die anstehenden globalen Probleme anfeuern und aus einer künstlerischen Perspektive die gemeinsame Reflektion über unsere Zukunft stimulieren.
Olja Alvir und der französisch/deutsche AutorLéonce W. Lupette erforschen in ihrem gemeinsamen Text „Alles ist durchdrungen“, wie eine Sprache aussieht, die von Künstlicher Intelligenz fragmentiert und neu zusammengesetzt wird, als Zwischenstufe einer unaufhaltsam fortschreitenden Durchdringung von Mensch, Natur und Technologie.
InAnna Baars „Gut genug” geht es um die Frage, wonach zu streben es sich lohnt, wobei weniger eine ideale als vielmehr die bestmögliche Welt im Fokus steht. Ihr slowenischer KollegeAleš Štegertritt in seiner Arbeit „Gespräch im Kaffeehaus“ in einen Dialog mit einer Künstlichen Intelligenz und geht der spannenden Frage nach, wie es gelingen kann, die sprachliche Differenz zwischen Mensch und Maschine herauszuarbeiten.
Mascha Dabić kreiert in „TALENT“ ein Szenario, in dem ein weltumspannendes Computernetzwerk den Menschen versklavt. Die KroatinKatja Grcić lotet, ausgehend von ökofeministischen Ideen, in ihrem essayistischen, dual angelegten Beitrag „PARADIES_ HÖLLE“ aus, mit welchen Lebensmodellen der Mensch mit der Natur koexistieren kann und ob sich Menschenwürde im kapitalistischen System verwirklichen lässt.
Die tschechische AutorinRadka Denemarková und die ÖsterreicherinOlga Flor verhandeln in ihrem gemeinsamen Projekt „Kauderwelsch Intelligence“ politisch relevante Zukunftsthemen, wobei die Bedeutung des kritischen Diskurses zur Erhaltung der Demokratie, die Befürchtungen und Hoffnungen für die Zukunft und der ethische Umgang mit Künstlicher Intelligenz im Mittelpunkt stehen.
Walter Fanta hat sich mit dem kroatischen Übersetzer und AutorAndy Jelčić für ein Schreibprojekt zusammengetan, das den Anspruch erhebt, jeweils eine literarische Paraphrase auf Robert Musils Verständnis der „Dummheit“ zu erarbeiten. Während es in Fantas „Nichts über Dummheit“ um Künstliche Intelligenz und u. a. die Entwicklung eines Kunstmenschen geht, stellt Jelčić unter dem Titel „Natürliche Intelligenz trifft auf künstliche Blödheit“ die natürliche Intelligenz der Künstlichen Intelligenz gegenüber und spekuliert, in welche Richtung sich die Welt entwickeln könnte.
Friederike Gösweiner verfasst mit „Defining nature’s dignity. Abschrift einer Flaschenpost“ vor dem Hintergrund eines Prozesses gegen eine Umweltaktivistin eine digitale Flaschenpost, die sie als letzten, einzig möglichen Hilferuf verstanden wissen will, die Würde der Natur als ebenso schützenswert anzuerkennen wie die Würde des Menschen. Im Zentrum der Kurzprosa der kroatischen AutorinLuiza Bouharaoua „Melodien eines Instruments“ steht die für die Betroffenen tödliche Form der Immigration, die gleichzeitig mit dem Massentourismus an den europäischen Küsten einhergeht.
Andrea Grill tritt in einen Dialog mit ihrer albanischen KolleginAlbana Shala. Beide machen sich auf die Suche nach den Hoffnungsquellen für eine lebenswerte Zukunft. In „Die DNA der Würde (Eine Utopie)“ imaginiert Grill das Erwachsenenleben eines heutigen Kindes im Jahr 2040. Sie entwirft ein positives Bild vom zukünftig