Zweites Kapitel, in dem Louise und Martin auf Hänsel und Gretel stoßen
»Ich möchte zu gern wissen, welche Kanzlei diesem Willoughby hilft, seinen Plan in die Tat umzusetzen«, knurrte Martin, der sich noch immer über die unbekannten Kollegen ärgerte, die sich in die Dienste des Milliardärs gestellt hatten.
Bevor er und Louise sich am Vormittag auf den Weg zu einem Termin bei einem Mandanten von Martin gemacht hatten, waren sie von Nathalie auf den aktuellen Stand gebracht worden, was ihren Kampf gegen Willoughby und für das Naturschutzgebiet anging.
»Ich möchte wetten, dass Willoughby denen gar nicht im Detail verraten hat, um was es geht«, meinte Louise, die es sich auf ihrem Platz als Beifahrerin in Martins Audi bequem gemacht hatte. »Er musste ja nur erwähnen, dass einem Konkurrenten der Bau auf einem Gelände erlaubt worden ist und er jetzt will, dass ihm und seinen Firmen das gleiche Recht zugestanden wird. Solche Klageschriften kann man doch sicher sehr detailliert vorbereiten, ohne dass man wissen muss, dass es sich um ein eigentlich geschütztes Gebiet handelt, oder?«
»Das ist richtig«, bestätigte Martin. »Dieses Detail kann man später immer noch ergänzen.«
»Eben, und deshalb kann es doch gut sein, dass Willoughby sich eine Spitzenkanzlei gesucht hat, die diese Briefe absolut wasserdicht formuliert. Und wenn der Moment gekommen ist, gibt er die Briefe an einen windigen kleinen Anwalt weiter, der sie mit seinem Briefkopf versieht und dann abschickt. Du musst also nicht das Schlimmste von deiner Zunft annehmen. Ein paar schwarze Schafe gibt’s halt überall.«
»Ja, ich weiß«, sagte er und lächelte sie kurz an, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße. »Aber selbst wenn man diesen Auftrag von einem stinkreichen Mandanten bekommt, dem die Kanzlei die Hälfte aller Umsätze verdankt, sollte man schon mal nachfragen, welchem Zweck so eine Klageschrift dient.«
»Mich wundert, dass er damit überhaupt eine Kanzlei beauftragt«, fügte Louise an. »Jemand wie Willoughby muss doch eigentlich seine eigenen Anwälte haben, die rund um die Uhr nur für ihn da sind.«
»Grundsätzlich ja, aber es kann durchaus so sein, dass Willoughby jedem, mit dem er zu tun hat, ganz exakt nur das sagt, was derjenige unbedingt wissen muss, um seine Arbeit zu erledigen. Sein Spezialist für Steuern muss nicht erfahren, wie er sich ein Naturschutzgebiet einverleibt, und sein Fachanwalt für internationales Recht muss ebenfalls nicht eingeweiht werden.«
»Der eine soll nichts vom anderen wissen, damit man sich nicht gegen Willoughby zusammenschließen kann?«
Martin nickte. »Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Wenn mal irgendein Vorfall zur Anzeige gebracht wird und es zu einem Gerichtsverfahren kommt, dann können acht von zehn Mitarbeitern reinen Gewissens erklären, dass sie dazu nichts sagen können. Und es gibt praktisch niemanden, der umfassend auspacken kann.«
»Sehr praktisch«, merkte Louise ironisch an.
In diesem Moment ging eine SMS ein, die Martin auf dem Display am Armaturenbrett anzeigen ließ.
»›Drehstart jetzt am 5. Januar‹?«, las Louise vor. »Sollte der nicht erst am 12. sein?«
»Ursprünglich ja. Aber es war bereits die Rede davon gewesen, dass die Regisseurin ihr laufendes Projekt vermutlich ein paar Tage früher abschließen würde«, sagte er und fuhr an den Straßenrand, um eine kurze Antwort-SMS zu tippen und abzuschicken.
»Jetzt sogar eine ganze Woche früher«, überlegte Louise. »Die Frau scheint gut zu sein.«
»Nach allem, was ich gehört habe, ist sie tatsächlich gut«, bestätigte er. »Und vor allem lässt sie sich nicht von den Leuten auf der Nase herumtanzen, die der Meinung sind, dass Frauen nicht in den Regiestuhl gehören.«
»Recht hat sie«, meinte Louise, dann grinste sie: »Uuh, da musst du ja schon eine Woche früher Lampenfieber bekommen.«
Martin lachte kurz auf. »Du weißt, dass ich kein Lampenfieber bekommen werde. Wenn du einmal in einem vollen Gerichtssaal gestanden und ein zwanzigminütiges Plädoyer gehalten hast, um die Geschwor