: Alexandra Bleyer
: 1848 Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution
: Reclam Verlag
: 9783159624099
: 1
: CHF 14.10
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: Neuzeit bis 1918
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Europa auf den Barrikaden 1848 - was für ein Jahr: Die Rufe nach Grundrechten und Demokratie wurden lauter, hitzige Debatten wurden zu Barrikadenkämpfen, die Monarchie geriet endgültig ins Wanken. Letztendlich erreichten die Revolutionärinnen und Freiheitskämpfer ihre Ziele nicht, doch ein entscheidender Anfang war gemacht. Die Historikerin Alexandra Bleyer hat eine atemberaubende Chronik verfasst, die die ganz besondere Aufbruchsstimmung jener Tage offenbart. »Alexandra Bleyers spannend geschriebene Gesamtdarstellung der 1848er-Revolution gewinnt ihre besondere Aktualität, wenn der Blick auf die neuen Gefährdungen fällt, denen die westlichen Demokratien ausgesetzt sind.« Wilhelm von Sternburg, Frankfurter Rundschau

Alexandra Bleyer, geb. 1974, ist promovierte Historikerin und freie Autorin. Schwerpunkte ihrer wissenschaftlichen Arbeit sind das Zeitalter Napoleons und der Vormärz. Bei Reclam erschienen zuletzt Napoleon. 100 Seiten und Propaganda. 100 Seiten.

Vor dem Sturm


Vormärz. Der Epochenbegriff für die Zeit vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bzw. im engeren politischen Sinn von der Julirevolution 1830 bis zur Revolution ist insofern etwas problematisch, als dass er die Jahre vor der Märzrevolution auf eine Vorlaufzeit reduziert. An deren Anfang stand – wieder einmal –Napoleon; besser gesagt: der Sieg über den Kaiser der Franzosen und die auf dem Wiener Kongress ausgehandelte Neuordnung Europas, zu deren Leitmotiven der Erhalt des monarchischen Prinzips sowie das Gleichgewicht der Großmächte zählten. Die Wiener Ordnung galt ihren Architekten als Garant für Friede und Stabilität in Europa. In der Generation des österreichischen Staatskanzlers Clemens Wenzel Lothar Fürst vonMetternich lässt sich eine fast panische Revolutionsfurcht bemerken. Aber kann man es den Zeitgenossen wirklich verdenken? Sie hatten ja miterlebt, wie die Französische Revolution ihre vertraute Welt auf den Kopf stellte und wie in Paris die Köpfe rollten. Wie seit 1792 ein Krieg nach dem anderen Europa verheerte – Kriege, die insgesamt bis zu fünf Millionen Tote gefordert hatten.

An den konservativ-reaktionären Höfen Europas standen Innen- und Außenpolitik unter der Prämisse der Revolutionsabwehr. Dazu gehörte die Unterdrückung liberaler und nationaler Bewegungen, die als Keimzelle neuer Umstürze gedeutet wurden. Im Deutschen Bund – der Staatenbund wurde auf dem Wiener Kongress gegründet und ersetzte das auf DruckNapoleons 1806 erloschene Heilige Römische Reich – traten neben intellektuellen Vordenkern teils militant agierende Burschenschafter als Speerspitze der liberalen und nationalen Ideen auf. Nach dem Wartburgfest 1817 verfasste der Student Heinrich Riemann mit seinem Zimmernachbarn dieGrundsätze und Beschlüsse des 18. Oktober, in denen vorsichtshalber »allzu scharfe Sätze« durch Professorenhand gestrichen wurden. Diese sogenanntenWartburgbeschlüsse enthielten typische frühliberale Forderungen: konstitutionelle Erbmonarchie, Gleichheit vor dem Gesetz, Schutz des Eigentums, öffentliche Gerichte, Rede- und Pressefreiheit sowie die nationale Einigung Deutschlands. War das Wartburgfest schon ein Alarmsignal für die Herrschenden, wurde zwei Jahre später die Ermordung des Schriftstellers und russischen Generalkonsuls August von Kotzebue durch den Studenten Karl Ludwig Sand als Teil einer etwaigen groß angelegten Verschwörung gefürchtet.

Die Reaktion folgte prompt: DieKarlsbader Beschlüsse sahen im Deutschen Bund die Überwachung der Universitäten, das Verbot der Burschenschaften und die Entlassung verdächtiger Professoren vor. Eine Vorzensur kontrollierte nun Schriften von unter 20 Druckbogen (320 Seiten) Länge; eine »Central-Untersuchungs-Commission« in Mainz sollte revolutionäre Umtriebe in den deutschen Staaten untersuchen. Verschwörungen, wohin man sah (oder sehen wollte): In England lieferten die ebenfalls