: Anton Beck, Adolf Muschg
: Erste Begegnungen Im Gespräch mit Anton Beck
: Kampa Verlag
: 9783311705710
: 1
: CHF 16.20
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 112
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Adolf Muschg ist einer der ganz großen Namen der Schweizer Literatur. Neben Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt prägte er die Nachkriegsliteratur der Eidgenossenschaft und erhielt 1994 den bedeutendsten Preis der deutschsprachigen Literatur, den Büchner-Preis. Kurz vor Muschgs neunzigstem Geburtstag im Mai 2024 trifft der rund sechzig Jahre jüngere Journalist Anton Beck ihn das erste Mal, und in den kommenden Monaten folgen Gespräche über Muschgs Anfänge als Schriftsteller, sein politisches Engagement, sein Verhältnis zu Japan und zur Liebe. Vor allem erzählt Muschg von jenen Begegnungen mit Fritz Zorn, Max Frisch, Günther Grass und all jenen, die ihm zu dem machten, der er ist.

Anton Beck, 1996 in Liechtenstein geboren, wohnt in Zürich. Er studierte Germanistik sowie Skandinavistik und arbeitet als Journalist. Sein Debütroman #Jugend wurde 2017 ins Kroatische übersetzt, seine Kurzgeschichte Im Wattenmeer 2020 vom Literaturhaus Zürich zum Text des Monats gewählt. 2024 war er Stipendiat am Literarischen Colloquium in Berlin.

Erstes GesprächDer Zeitgeist, so wie er istoder Der politische Schriftsteller


Ganz zu Beginn meines Literaturstudiums hatte ich ein gutes Jahr in Männedorf, etwas außerhalb Zürichs, in einer Studenten-WG gewohnt. Der Weg vom Bahnhof zur Wohnung führte bergauf und auch wenn es einige Möglichkeiten gab, in all den Straßen nach oben zu gelangen, bin ich mir rückblickend sicher, dass ich in jenem Jahr einige Male an Adolf Muschgs Haus vorbeigelaufen bin.

 

Bis ich sein Haus wirklich betrat, mussten allerdings acht Jahre vergehen. Ich arbeitete mittlerweile als Journalist und sollte ein Portrait über Muschg schreiben – zu seinem90. Geburtstag.

Ein Fotograf begleitete mich, es war Mitte Mai, aber bereits heiß genug, dass wir beim Laufen ins Schwitzen kamen. Das Haus war unscheinbar und von Hecken versteckt.

Atsuko Muschg öffnete uns die Tür, die Ehefrau von Adolf Muschg hatte das Treffen, wie so vieles andere im Leben ihres Mannes, organisiert. Noch am Telefon hatte sie sich selbstironisch als »Büro Muschg« bezeichnet. Sie bat uns herein, es war angenehm kühl. Sie rief ihren Ehemann, der aus dem unteren Stockwerk zu uns trat, und bat uns ins Wohnzimmer. Wir tauschten ein paar Worte aus, was genau es war, daran erinnere ich mich nicht mehr, aber ich weiß noch sehr genau, dass das folgende Interview lange dauerte, und ich dennoch das Gefühl hatte, mehr erfahren zu wollen.

Bevor ich wieder ging, machte der Fotograf Bilder davon, wie Muschg im Garten stand und rauchte. Ich saß mit Atsuko am Küchentisch und sie erzählte mir einige Anekdoten aus den vergangenen Jahrzehnten, die sie mit ihrem Mann erlebt hatte. Sie habe ihn, sagte sie, schon einige Male dazu bewegen wollen, all das aufzuschreiben, doch er habe kein Interesse daran.

Noch während der Zugfahrt zurück nach Zürich entstand die Idee für dieses Buch. Es vergingen einige Monate und ein Stückchen Leben passierte, bis ich all die nötigen Zusagen zusammenhatte und erneut das Haus der Muschgs betrat.

 

Es war August und unglaublich heiß und schwül. Atsuko sagte mir, er sitze auf der Veranda. Ich lief zu ihm, er trug ein weites Hemd, so wie auf den Fotografien aus seinen jungen Jahren. Ich fragte, wie es ihm ginge. Das rechte Knie, sagte er, mache ihm zu schaffen. Solange es nur das Knie ist, dachte ich, ist ja alles gut …

90 Jahre sind eine lange Zeit, eine Zeit, in der Adolf Muschg ein Leben lebte, das reich an Geschichten ist und an Literatur, die er schuf. Der Versuch, eine vollständige Biographie aufzuschreiben, ist daher zwecklos. Vielmehr ist dieses Buch ganz im Sinne des Titels eine erste Begegnung mit dem Schriftsteller, aber auch dem Menschen Adolf Muschg. Und eine Sammlung davon, welche Begegnungen ihn prägten und zu dem werden ließen, der er heute ist.

 

Herr Musc