: Hansjörg Schertenleib
: S'Wätter vo geschter
: Atlantis Literatur
: 9783715275604
: 1
: CHF 21.60
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Thomas sitzt am Totenbett seiner Frau Gaby, die vor wenigen Minuten nach langer Krankheit gestorben ist. Er bringt es nicht übers Herz, jemanden anzurufen, nicht einmal ihren Sohn Lino in Mexiko, will noch etwas Zeit mit ihr allein verbringen - um Abschied zu nehmen, um sich zu fassen, um sich an ihre gemeinsame Geschichte zu erinnern und sich die Beichte anzuhören, die sie ihm auf Kassette hinterlassen hat. Eine Beichte, die ein Geheimnis offenbart, das ihre Ehe wohl zerstört hätte, hätte er es früher erfahren.  Hansjörg Schertenleibs erster Mundartroman erzählt humorvoll, zärtlich, mit viel Lebenserfahrung sowie einer gehörigen Portion Wut von einer geglückten Liebe und von den allerletzten Dingen. Seine poetische, bildgewaltige und unzimperliche Sprache macht das Schwere leicht und bringt es zum Schweben.

Hansjörg Schertenleib, geboren 1957 in Zürich, gelernter Schriftsetzer und Typograph, ist seit 1982 freier Schriftsteller. Seine Novellen, Erzählbände und Romane wie die Bestseller Das Zimmer der Signora und Das Regenorchester wurden in ein Dutzend Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, seine Theaterstücke auf der ganzen Welt auf die Bühne gebracht. Schertenleib lebte zwanzig Jahre in Irland, vier Jahre auf Spruce Head Island in Maine und wohnt seit Sommer 2020 im Burgund.

Foif


Du segsch Atheischtin, häsch immer behauptet, aber i de letschte Mönet hämmer jede Tag zäme bätet. Ich bi sogar wieder i d’Chile, das ha der gar nie verzellt, go Cherze aazünde für dich, i die am Schtauffacher, nachher hani amigs en Kafi Lutz gnoh i de Helvti, obwohl mer di noi Beiz ja nöd uushaltet, wämmer die alt Helvti kännt hät. Gnützt hät’s rein gar nüüt. Aso nöd de Lutz, sonderns Bäte und d’Cherze. Oder öppe doch? Wärsch susch no früehner gschtorbe und hettsch no meh Schmerze gha?

 

Ich hett mi glaub nöd getrout, dich z’fröge, ob’t Angscht häsch vor em Tod. Aber du häsch vo diir us wele drüber rede, öppe vor eme halbe Jahr s’erscht Mal. Ja, du häsch Angscht gha. Immer meh. Es seg, wie wännt würsch am Rand vome riisige Loch schtah, eme Loch, wo vo Tag zu Tag grösser wird und tüüfer, en bodelose schwarze’n Abgrund, wo di magnetisch aazieht, obwohl’t uf gar kän Fall wellsch driigheie.

Über miini Angscht hämmer nöd gredt, nie, ich bin in Üebigsruum abe go brüele. Villicht wärs guet gsii, mer hetted, kei Ahnig.

 

‹Zuefall oder Schicksal, was isch der lieber?‹ Das häsch vo allne wele wüsse, wo di bsuecht händ. Logisch häsch di gfröget ‹werum grad ich? Werum nöd d’Sile? Oder miini Muetter? Werum uusgrächnet ich?›

Zuefall oder Schicksal. Zuefall oder Schicksal, dass oises Chind en Bueb worde’n isch und nöd es Meitli? Zuefall oder Schicksal, dass mir i de Züri Bar plötzlich näbetenand gschtande sind? Dassi im gliiche Schtudio mitere Füdlibänd us de Schwiiz gschaffet han, wo au de Schtar ufgnoh hät, mit demi nachher uf Tuur bin? Zuefall oder Schicksal, dass mer die Superloosche da a de Schtreulischtrass übercho händ? Ich chönnt no schtundelang Biischpil bringe. Nur no eis, okei? Zuefall oder Schicksal, dass de Chräbs i diim Rugge es Gschwüür gmacht hät, ohni das er no vill schpöter entdeckt worde wär? Ebe gsehsch. Sinnlos. Es isch wie’s isch. Mache chömmer nüüt. Gar nüüt. Jetzt nüme.

 

De Rebi müessti au aalüüte. Oder hät das ächt d’Sile erledigt? D’Rebi hät mi am Aafang nöd möge, ich ha gmerkt, dass sie mer nöd über de Wäg trout. Sicher au, will sie grad i de Scheidig gsii isch. Wo sie begriffe hät, dassi zwar Bruefsmusiker, aber weder es Schlitzohr no en Schlawiner bin, hät sie mi zum Glück doch möge. Ich ha sie vo Aafang a e Lässigi gfunde. Taff, grad use, schön, unkompliziert, luschtig.

 

‹S’git nüüt Eifachers, als en Maa dezue z’verfüehre, dass er di küsst.› Ich weiss no genau, wot’mer das verzellt häsch. Z’Kalabrie i oisne Herbschtferie in Tropea. D’Feriewohnig hät en chliine Balkon ufs Meer use gha, wo mir zum Apero e Fläsche Proseggo trunke händ, während de Lino i siim Zimmer uf em Laptop en Film glueget hät. ‹Muesch als Frau nur so nöch wie möglich anen Gei hereschtah, aber eso, dass’t en numefascht berüehrsch. S’funktioniert immer. Ihr chönd gar nöd andersch. Erschreckend, gäll?‹ Gässe hämmer inere Trattoria ime chliine Innehof, am Lucio Dalla siisBalla, balla ballerino isch gloffe, und de Lino hät zum erschte Mal Schpagetti Wongole bschtellt. Wo de Chällner oisi Täller abgruumt hät, isch em Lino siini Serviette vom Wind devotreit und ame eltere Maa am Näbetisch is Gsicht blase worde, wo sie hangeblibe’n isch. Es Supe