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Damit war Eliza Roth-Schild definitiv Geschichte. Sienahm die Mittagsmaschine nach New York – und weg war sie.
Irgendwann würden sie sich bestimmt wiedersehen, hatte sie Herrn Wälti versichert. Was als Trost gedacht war, ließ ihn trostlos zurück.
Er hatte darauf bestanden, sie zum Flughafen zu bringen.
»Zum Dank für alles, was ich mit Ihnen in den vergangenen Jahren erleben durfte«, hatte er gesagt und sich während der ganzen Autofahrt zusammengerissen, seine Gefühle vor ihr zu verbergen. Trotzdem brüchelte ihm immer mal wieder die Stimme, und seine Unterlippe zitterte. Und er hatte Knopfaugen bekommen.
Frau Roth-Schild zu Ehren hatte Wälti seine taubengraue Uniform angezogen, die Schiebermütze aus schwarzem Samt aufgesetzt und das Taxischild seines Aromat-goldenen Mercedes abgeschraubt, um ihr ein allerletztes Mal ganz und gar und exklusiv als Privatchauffeur zu Diensten zu stehen.
»Wie man hört, sollen in New York die Taxifahrer ja ganz fürchterlich sein. Rotzfreche Rüpel ohne Respekt und Umgangsformen, und nicht mal den Stadtplan im Kopf.«
»Tja, ein Täxeler Ihres Formates ist und bleibt halt unerreicht«, hatte Eliza geantwortet und im Rückspiegel gesehen, wie Wälti vergeblich versuchte, sich das Augenwasser zu verkneifen.
Selbstverständlich hatte er sie in die Abflughalle und zum Priority-Check-in begleitet, wo er ihr mit dem Berg an Gepäckstücken behilflich war. Während Eliza der uniformierten und überparfümierten Angestellten am Schalter Reisepass, Buchungsbestätigung und Senator-Karte vorlegte, kümmerte sich Herr Wälti um das Dutzend Trolleys, Handkoffer und Weekender. Er legte die edlen Stücke so flott und dennoch behutsam auf die Waage des Zubringerförderbandes, als würde er klammheimlich frisch geborene Mehrlinge an einer Klosterpforte oder Kinderklappe aussetzen. Es war ihm halt wichtig, dass die gepolsterten Griffe, das Sumpfbüffelleder und die goldfarbenen MonogrammletternERS nicht verschrammt wurden.
Als es schließlich so weit war, hatte Wälti ein hohles Kreuz gemacht und ihr zum Adieu die Hand hingestreckt – sie jedoch hatte ihn gepackt und leidenschaftlich umarmt.
»Frau Roth-Schild, ich …«
»Ich bin Eliza. Schenken wir uns zum Abschied doch das Du. Ja? Einverstanden, lieber …« Sie schaute ihn mit hochgerissenen Augenbrauen an, wie eine Stummfilmdiva.
Woraufhin er ihr einen etwas längeren, mehrsilbigen, artikulationsakrobatischen Namen ins Ohr raunte.
Sie schaute ihn geplättet an. »Oh, aha. Echt jetzt?«
»Ich kann’s nicht ändern.« Er senkte das Kinn auf die Brust. »Bei uns Wältis tragen die männlichen Erstgeboren seit Generationen diesen Vornamen.«
»Jänu«, sagte sie schnell. »Wir alle haben unserBürdeli zu tragen.«
Dann ein letzter Drücker, ein finaler Seufzer, ein endgültiger Wehwink – und weg war sie. Wälti stand da, die gekreuzten Handflächen auf das Brustbein gepresst, als besänftige er das Herz dahinter, und schaute Eliza nach, wie sie zur Sicherheitsschleuse lief. Kurz bevor sie den Detektor passierte, blieb sie stehen, tippte sich an den Kopf, drehte sich um und kam nochmals zurück.
»Fast hätte ich es vergessen.« Sie zog einen mittelgroßen Briefumschlag aus ihrer Handtasche heraus und hielt ihm den entgegen.
»Aber, nein, Jesses, so etwas Schönes.« Wälti strahlte. »Jetzt werde ich noch ganz verlegen.« Mit pastoraler Mine nahm er beidhändig den Umschlag in Empfang. »Das wäre doch nun wirklich nicht nötig gewesen. Wie großzügig.«
Sie stutzte eine Sekunde und verzog dann das Gesicht, als schmerzten ihr die Füße in ihren kirschlackschwarzen Louboutins. »Oh, nein, nein, mein Lieber, das ist nicht … äh … kein … Sorry, Missverständnis.« Sie zeigte mit dem Zeigefinger auf de