Thomas Münzer Filmszenarium
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Friedrich Wolf
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Thomas Münzer Filmszenarium
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EDITION digital
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9783689123871
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1
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CHF 2.70
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Historische Romane und Erzählungen
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German
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245
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Wasserzeichen
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PC/MAC/eReader/Tablet
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ePUB
Tauchen Sie ein in ein mitreißendes Epos über die dramatischen Umwälzungen der deutschen Reformation und den Bauernkrieg des 16. Jahrhunderts. Friedrich Wolf entfaltet in seinem Filmszenarium ein kraftvolles Panorama aus Vision und Revolution: Von den leidenschaftlichen Predigten Thomas Münzers gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit bis hin zu den erbitterten Kämpfen der Bauernbewegungen. Im Zentrum steht Münzer, der unerschrocken für eine gerechtere Welt kämpft und dabei nicht nur gegen Fürsten und Adlige, sondern auch gegen die inneren Widersprüche seines Glaubens und seiner Überzeugungen antritt. Vom Schachspiel der Mächtigen bis zu den flammenden Aufständen des Volkes, von den Schwabenhaufen bis zur Kanzel in Allstedt - das Werk zeigt eindrucksvoll die Dynamik zwischen Glaube, Macht und Revolution. Ein zeitloses Zeugnis über Mut, Verrat und die Sehnsucht nach Freiheit und Gerechtigkeit, das die Geschichte Europas bis heute prägt. Das Szenarium wurde 1956 von der DEFA verfilmt.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; ? 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte. Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden. Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama,"Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt. Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort. Staatliche Auszeichnungen 1943: Orden Roter Stern 1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock 1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter. Werkverzeichnis
1. Eine Kette Wildenten zieht im Frühherbst 1514 über Deutschland nach Süden. Man sieht aus der Höhe der Zugvögel von Norden nach Süden das deutsche Land - Berge, Wälder, Seen, Felder, Ströme (also wie auf den Bildern von Altdorfer und Dürer). Doch wie die Wildenten jetzt tiefer und tiefer streichen ... 2. Über den Harz und 'die goldene Aue' bei Frankenhausen, werden deutlich fronende Bauern sichtbar, die eingeschirrt im Joch wie Tiere Holzstämme durch eine Waldschneise zerren. Hinüber von den Nachbarfeldern klingen Jagdhörner und der Hussaruf des Grafen Mansfeld und seiner Kumpane, die mitten durch die reifen Kornfelder galoppieren, während ihnen einzelne Bauern, auf ihre Sensen gestützt, drohend nachschauen und ein Bauer, zu den nach Süden ziehenden Wildenten aufschauend, zu dem andern sagt: 'Es gibt 'nen frühen Winter ...' 3. Und im Kupferbergwerk des Grafen Mansfeld wehrt sich ein Bergknappe gegen die Hiebe des Aufsehers; er schlägt ihn, zum Entsetzen der umstehenden Knappen, mit seinem schweren Bergmannshammer wütend zu Boden und flieht - eine blutende Strieme über Stirn und Wange; jetzt wird er von den berittenen Knechten des Grafen draußen wie ein Wild durchs Unterholz eines Waldes gejagt, springt unerreichbar für die Reiter ins dichte sumpfige Röhricht eines Sees ... 4. Und weiter gen Süden fliegen die Zugvögel übers deutsche Land, über Ströme, Berge und Wälder. Schwere Abendwolken wälzen sich übers Gebirge. Man ahnt: Das Land kommt in Bewegung ... 5. Und in der Hütte eines Gebirgsdorfes in Schwaben sitzen zur Nacht beim Schein einer kleinen Lampe seltsame Gestalten - Bauern mit Narrenkappen, Pritschen und Geckennasen - um einen Tisch, auf dem ein großes altes Buch liegt. Auf der aufgeblätterten Titelseite liest man: 'Das ehrsame Narrengericht des gemeinen Mannes in Schwaben über die großen Hansen.' Jetzt klopfen zwei Gestalten draußen ans Fenster und flüstern die Parole: 'Sag an, Gesell, was hast du für ein Wesen?' - 'Der gemeine Mann mag nit mehr genesen!', antworten die drinnen. 'Bundschuher! Aufgemacht!', öffnen sie jetzt den Freunden draußen die verriegelte Tür. - Und während sich der eine Bundschuher, ein alter geblendeter Bauer, mit ausgebrannten leeren Augenhöhlen, an der Hand eines jüngeren in die Hütte tastet: 'Wo sind wir, Gesellen?', antwortet ein Breitschultriger aus der Hüttengruppe, indem er die Geckennase abnimmt: 'Beim Schwabenhannes ... beim ,Armen Konrad' in Schwaben.' Und der Alte: 'Bist du der Arme Konrad?' Der Schwabenhannes: 'Der sind wir all.' Schon hat der jüngere Begleiter des Blinden eine um den Leib gewickelte schwarze Bundschuhfahne hervorgezogen und über den Tisch geworfen, während einer der Konrader die blaue Fahne des 'Armen Konrad' mit dem gekreuzigten Christus nimmt und sie halb darüberlegt. Zugleich ziehen die anderen aus ihren Narrenpritschen die kurzen Bauernschwerter. Einer der Konrader hebt jetzt die zerschlissene schwarze Bundschuhfahne mit dem blutrot darauf gemalten Bundschuh und dem ebenfalls rot geschriebenen Spruch: 'Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes ...' 6. Im Frühlingssturm 1519 fliegt eine Kette Wildenten über Ströme und Berge zurück vom Süden nach Norden ... 7. Und im Nonnenkloster bei Weißenfels an der Saale kniet im Beichtstuhl die Novize Ottilie vor dem jungen Beichtvater Bruder Thomas, der sie fragt: 'Ihr habt ihn im Traum gesehen, Schwester Otti?' - Die junge Nonne nickt bestätigend. - Und Bruder Thomas: 'Einen Mann?' - Otti, erregt: 'Kein junger Mann, Bruder Thomas, bei allen Heiligen! Mein Vater war's, dem der Graf Mansfeld die Zunge abschnitt wegen rottischer Reden ...' Während der Bruder Thomas eine Klappe am Beichtstuhl öffnet, um besser zu hören, und jetzt der Kopf der Nonne groß vor dem seinen auftaucht, stößt Otti hervor: 'Rache! sprach er ... Gerechtigkeit!' - Bruder Thomas: 'Gerechtigkeit ... Rache?' - Otti: 'Verzeiht, Bruder Thomas; ich weiß, Gott wird Gerechtigkeit üben ... beim Jüngsten Gericht, am Ende der Welt.' - Bruder Thomas, leidenschaftlich: 'Und wenn ER das Jüngste Gericht hält, schon hier und heute?' 8. Über eine Landstraße im Sommer 1519 zieht von Wittenberg nach Leipzig eine Schar zum Teil bewaffneter Studenten und Magister - unter ihnen der alte Pfarrer Haferitz, der Student Stübner und der Prädikant und Beichtvater der Weißenfelser Nonnen, Thomas Münzer; sie begeben sich zur Disputation des Dr. Luther mit dem papstgetreuen Dr. Eck. Sie marschieren über die breite Landstraße zwischen sommerlichen Feldern. Überall flammen gleichzeitig Gespräche auf. 'Er wird uns befreien, der Luther, von den römischen Blutsaugern und Ablasskrämern!', sagt der Student Stübner, die Faust am Schwert, zu dem alten Pfarrer Haferitz, der erwidert: 'Lasst Euer Eisen am Ort, Herr Studiosus! Es wird in Leipzig fein säuberlich zugehen nach der Heiligen Schrift und eine große Disputatio werden mit dem päpstlichen Dr. Eck.' - Und ein anderer Student dazwischen: 'Unser Luther wird der römischen Eule schon einheizen!' - Und ein dritter: 'Ein jedermann könne Priester sein, ein Schuster, ein Schmied, ein Bauer, und seien all wie geweihte Bischöfe!' Einzelne Bauern mit ihren Sensen und Heugabeln sind hinzugetreten; einer von ihnen meint lachend: 'Hoho, so schnallt eure Wänstlein ab, ihr Pfäfflein, wenn der Bauer als Bischof eilt!' - Und ein zweiter Bauer: 'So brauchten wir auch nit mehr zu fronen für die römischen Marder?' - Dritter: 'Das sagt der Luther?' - Und wieder der erste: 'Es heißt, er gehör zum Bundschuh; der gemeine Mann soll frei und erlöst sein?' - Der Altpfarrer, schnell dazwischen: 'Doch nit mit Gewalt, Brüder! Denn im Leiblichen sind wir Knechte! sagt der Luther.' - Von hinten hat sich der junge Bergknappe mit der breiten roten Narbe über Stirn und Wange zwischen den Disputierenden hindurchgezwängt; er erwidert jetzt heftig auf des Altpfarrers beschwichtigende Worte: 'Und sollen denn weiter gestriemt werden von des Mansfeld Vögten?!' - Erster Bauer, hinzu: 'Wer bist du?' - Der Bergknappe: 'Bin ein Bergknapp des Mansfeld ... der Hans Buß.' - Erster Bauer: 'Und musst jetzt laufen vor ihm?' - Zweiter Bauer: 'So wird uns auch hierzuland kein Recht.' - Jetzt ist der Prädikant Münzer lebhaft vorgetreten. 'So der Luther hierzuland kämpft gen Papst und Betrug, so kämpft er auch für euer Recht!' - Erster Bauer, bitter auflachend: 'Am Nimmerleinstag, dadrüben ...' - Zweiter Bauer: 'Wenn wir tot sind!' - Münzer, heftig: 'Jetzt und hier, Brüder, hier und jetzt!' Ein Trupp bewaffneter Studenten zieht singend vorüber: 'Der Luther für uns alle streit', Für Bürger und Bauersmann, dass Deutschland sei von Rom befreit, Das ganze Land tritt dir zur Seit, Luther, schreit uns voran!' 9. Und wieder in dem Nonnenkloster sitzt der Prädikant und Beichtvater mit der Novize Otti, die auf einer Wachstafel nach Münzers Anleitung etwas geschrieben hat. Sie liest: 'Veni creator spiritus ...' Und jetzt zu Münzer aufschauend: 'Oder wie Ihr's ins Deutsche gebracht: Komm, Du Tröster, Heiliger Geist! Aus Deines Lichtes Brunn' uns leist' Einen durchleuchtigen Strahl ... Wie gut das klingt in unsrer Sprach!' - Münzer, nickt lächelnd: 'Und dass jedermann es verstehe!'