: Henrietta Hamilton
: Mord auf Westwater Manor Ein Fall für Sally und Johnny
: Klett-Cotta
: 9783608124057
: Ein Fall für Sally und Johnny
: 1
: CHF 12.60
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mord in der Bibliothek - Sally und Johnny ermitteln Zwischen den sonnenverbrannten Hügeln der englischen Countryside erstreckt sich das Landgut der Familie Thaxton. Kaum ist das Buchhändlerpaar Sally und Johnny auf Westwater Manor angekommen, entpuppen sich die seltenen Erstausgaben, die die Bibliothek der Thaxtons auszeichnen, als fragwürdige Fälschungen. Zudem wird der Gutsherr Sir Mark vor den Augen der Gäste in hitzige Debatten verwickelt. Denn zum Leidwesen seiner Nachbarn hat er eine große Farm errichtet und den nebenliegenden Fluss durch einen Damm aufgestaut. Die scheinbare Idylle wird endgültig erschüttert, als Sir Mark leblos aufgefunden wird: Jemand hat ihn mit einem präzisen Schlag ermordet. Auf raffinierte Weise entwirren Sally und Johnny in ihrem zweiten Fall die Verstrickungen rund um den Gutsherren und kommen dem Mörder dabei bedrohlich nah. Dieser könnte noch immer auf Westwater Manor weilen und jederzeit ein weiteres Mal zuschlagen. »Mord auf Westwater Manor« ist die Cosy-Crime-Wiederentdeckung des Sommers, voll flirrender Spannung und kluger Ermittlungen.

Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Monica Ali.

Prolog


Sally Heldar schaute auf die Uhr. Es war fünf Minuten vor sechs. Johnny würde jeden Moment nach Hause kommen. Nach einem Tag wie heute würde er den Laden bestimmt so früh wie möglich verlassen. In ihrer gemeinsamen Wohnung war es den ganzen Tag lang schon sehr heiß gewesen, aber in seinem engen Büro im zweiten Stock, von dem man auf den Verkehr der Charing Cross Road hinausschaute, musste die Hitze nahezu unerträglich sein. Wie schön wäre es doch gewesen, wenn sie aufs Land hätten hinausfahren können, aber nachdem sie bereits im März und April einen Monat auf Hochzeitsreise gewesen waren, konnte Johnny vor Herbstbeginn unmöglich noch einmal wegfahren.

Sie ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Johnny würde heute Abend bestimmt ein Bier trinken wollen, und sie selbst konnte durchaus auch eins gebrauchen. Sie nahm zwei Flaschen und zwei Gläser, ging zurück ins Wohnzimmer und stellte das Tablett auf den Tisch aus Palisanderholz, den Onkel Charles Heldar ihnen zur Hochzeit geschenkt hatte. Kurz darauf hörte sie Johnnys Schlüssel in der Wohnungstür.

Johnny war sehr groß, mit breiten Schultern, dichten braunen Haaren und ausgeprägten Gesichtszügen. Sally hatte sich eigentlich nie gefragt, ob er nun gut aussah oder nicht, und soweit sie das beurteilen konnte, tat das auch sonst niemand. Es gab etwas in seinen Augen, bei dem man solche Erwägungen sofort vergaß: Sie strahlten Autorität, Humor und Güte aus, und wenn man genauer hinsah, konnte man darin die Anzeichen für zahlreiche weitere wertvolle Eigenschaften erkennen. Jeder, der Johnny begegnete, merkte sofort, dass er hier einem Mann von großer Kraft und zugleich großem Sanftmut gegenüberstand.

Er schloss sie in die Arme, kaum, dass er den Raum betreten hatte, und hielt sie eine Weile eng umschlungen, so wie er es immer tat – als hätte er Sorge gehabt, sie könnte während seiner Abwesenheit plötzlich verschwunden sein. Aber sein Kuss war fest und entschlossen. Für einige Augenblicke dachte keiner von ihnen mehr an die Hitze. Dann fragte Sally: »Ein Bier und dann ein kaltes Bad, oder erst ein kaltes Bad und dann ein Bier?«

»Zuerst das Bier, denke ich«, antwortete Johnny. »Vielleicht habe ich ja danach genug Energie, um in die Badewanne zu steigen.« Er zog sein Jackett aus und hängte es über eine Stuhllehne.

Als sie zusammen auf dem Sofa saßen, nahm er einen tiefen Schluck aus seinem Glas und seufzte. Dann sah er sie an und fragte: »Was hältst du davon, wenn wir für zwei Wochen oder so die Stadt verlassen?«

»Was – jetzt?«

»Ja. Nicht für einen Urlaub, auch wenn das eine nette Abwechslung wäre. Nein, für einen Auftrag – einen dringlichen Auftrag.«

Sally begriff sofort, was er meinte. »Eine Privatbibliothek?«

Johnny nickte und nahm einen weiteren tiefen Schluck. »Es ist eine unglaublich komplizierte Geschichte, und ich bin gerade geistig nicht mehr so ganz auf der Höhe. Aber ich werde mein Bestes versuchen. Erinnerst du dich an den alten Mercator?«

Sally erinnerte sich sogar sehr gut an Sir Mark. Er besaß eine ausgezeichnete Bibliothek, und weil er Teilhaber einer der größten Handelsbanken Europas war, verfügte er auch über die Mittel, diese stetig zu vergrößern. Er gehörte schon seit vielen Jahren zu den Stammkunden der Gebrüder Heldar und war auch häufig persönlich in den Laden gekommen. Zu der Zeit, als sie noch dort gearbeitet hatte, war er jedes Mal überaus charmant und höflich zu ihr gewesen. Darüber hinaus war er Johnny sehr zugetan, und nachdem die Bekanntgabe ihrer Verlobung in derTimes erschienen war, hatte er eigens einen Besuch im Laden abgestattet, um ihnen zu gratulieren. Zu dem Anlass hatte er sie zu einem Diner ins Savoy eingeladen. Und zu ihrer Hochzeit hatte er ihnen zwei prächtige Kerzenleuchter aus der Queen-Anne-Epoche geschickt und war bei den Hochzeitsfeierlichkeiten selbst ein äußerst willk