Vorwort im Dialog
von Björn Enno Hermans und Sebastian Baumann
Enno Hermans (EH): Wir haben uns sehr darüber gefreut, für ein Vorwort zu diesem Buch angefragt worden zu sein. Was war dein erster Gedanke, als du von dem Titel des Buchs erstmals gehört hast?
Sebastian Baumann (SB): Ich war gleich bei den anderen Büchern, die Susanne zu dem Thema geschrieben hat, und habe gedacht: Jetzt geht es noch mal eine Runde tiefer und umfassender. Bei Schreibprozessen wird man ja immer feiner und kommt immer mehr auf den Punkt.
EH: Ich habe mit einem ähnlichen Blick darauf geschaut, und trotzdem merkte ich auch direkt, wie ich so ein ganz kleines neugierig interessiertes Störgefühl hatte, weil ich selber ja auch mal EMDR lernen durfte und da immer noch Fragezeichen geblieben sind. Vor allem, wie das gut zusammengeht mit Systemischer Therapie, und deswegen war ich neugierig, weil ich dachte: toll, das jetzt mal explizit so anzuschauen.
SB: Vielleicht können wir da direkt weitermachen, weil diese Irritation, die du gespürt hast, die ist bei mir auch gekommen. Ich mache es mal in zwei Punkten fest: Irritation ist etwas, mit dem wir Systemiker:innen sehr gerne arbeiten. Wir irritieren. Und im Traumabereich sollte man vorsichtiger mit Irritationen sein, zumindest mit sehr unmittelbaren.
Die Strukturiertheit von EMDR versus das Freigeistige der Systemischen Therapie ist das Zweite, was mir direkt aufgefallen ist. Vorgehen anhand von Protokollen/Manualen ist ja nicht das Erste, was einem zu Systemischer Therpapie einfällt. Deswegen fand ich dieses Bild von Madame Systema und Herrn EMDR (vgl. Kap. 3) so interessant. Sie scheinen sich richtig gut zu ergänzen.
Was ging dir denn durch den Kopf, als du die beiden da zusammen gesehen hast?
EH: Ich fand es erst mal total beeindruckend, wie es Susanne gelungen ist, so viele passende und treffende Metaphern zu nutzen in diesem Buch. Der Garten und die Wurzeln zum Beispiel, also auch eine Dialektik oder scheinbare Gegensätze in ihrer Ergänzung. Ressourcen-Trüffelschwein und Bergführerin hat mir auch sehr gefallen oder dann, wie von dir angesprochen: Madame Systema und Herr EMDR. Das sind starke Metaphern, die ich als sehr hilfreich empfunden habe. Und als ich die beiden kennengelernt habe im Buch, habe ich gedacht: Wenn man nur das eine oder das andere betrachtet, also Systemische Therapie oder EMDR, ist es spannend, wo sie jeweils auch ein bisschen ihre Lücken oder blinden Flecken oder noch nicht ausgefüllten Stellen haben, die vielleicht in der Tat durch das andere ergänzt werden.
SB: Die beiden können wirklich viel voneinander lernen, und wahrscheinlich besteht die traumatherapeutische Kunst darin, zu entscheiden: Wo braucht es gerade mehr strukturierte Sicherheit und wo sollte es gerade freier, adaptierter, unkontrollierter zugehen? Und ich finde die Beschreibung von dir gerade gut, dass sie wahrscheinlich auch auf ein paar Lücken des jeweils anderen hinweisen, wo es einer Ergänzung bedarf.
EH: Genau. Ich empfand den größten Widerspruch darin, dass es die Systemiker:innen nicht so sehr haben mit irgendwelchen linearen Kausalkonstruktionen und Zuschreibungen. Weder mit Blick auf die Entstehung von Phänomenen und genauso wenig im Umgang damit dann zu sagen: Das machen wir jetzt genau so und haben eine linear-kausale Ergebniserwartung. Das ist ja etwas, was nicht ganz typisch systemisch ist, was aber in der Traumatherapie insgesamt, vor allem aber auch bei so einer Methode wie EMDR, doch deutlich stärker gegeben ist. Ich habe mich auch selber damals in der traumatherapeutischen Weiterbildung und auch in der Forschung dazu immer ein wenig innerlich damit gerettet, dass ich mir gedacht habe: Okay, das ist aber auch eine der wenigen Symptomkonstellationen, bei der es eine innere Kausalitätskette gibt. Denn ohne potenzielle t