Der Fall Kafka
Vorsatz
I.
Alles fing mit einer kurzen Reise nach Prag an, für die ich mir im Frühjahr 2023 KafkasProsa aus dem Nachlass eingepackt hatte. Auf dem Weg durch das Elbsandsteingebirge las ich seinenBrief an den Vater, an dem mich erstaunte, mit welchem Geschick der Schriftsteller den Kampf zwischen den Generationen aufnahm. Sein Schreiben war ein psychodynamisches Wunderwerk, das auf klassische Weise die Autoritätskonflikte in der Moderne zur Sprache brachte.
Auch beeindruckten mich in dem Band die philosophisch-religiösen Spekulationen, die Kafka nach dem Ausbruch der Tuberkulose 1917 bewegten. Sein Freund Max Brod hatte dieZürauer Aphorismen nach seinem Tod 1924 zuerst unter dem TitelBetrachtungen über Sünde, Hoffnung, Leid und den wahren Weg veröffentlicht. Die Versuchung, aus Kafka einen gläubigen Autor zu machen, der auf eigene Weise den jüdischen Wurzeln verbunden blieb, war groß.
Nach den Prager Tagen, in denen mein intensiveres Nachdenken über Kafka als Schriftsteller begann, rekapitulierte ich auch frühere Lektüren von Erzählungen, Briefen und Tagebüchern. Mir imponierten in der Zusammenschau seine hohe Sensibilität und psychosomatische Vulnerabilität als Bedingungen des literarischen Schaffens. So entstand ein erster Essay, für den ich als sachliche Orientierung Reiner Stachs dreibändiges Panorama von Leben und Werk heranzog. Es war phantastisch, wie der Berliner Forscher, der sich seit Jahrzehnten Kafkas Biographie widmet, den einzigartigen Autor vielschichtig im Horizont seiner Zeit sichtbar werden ließ. Freunde vermittelten bald auch eine persönliche Begegnung mit Stach, bevor mein erster Versuch über Kafka unter dem TitelDer Bote bei Ulrich Keicher im schwäbischen Warmbronn als intime Broschur erschien.
Eine Frucht des Treffens im Garten des Berliner Literaturhauses war unser Gespräch für das Sonderheft derNeuen Rundschau. InHüter der Verwandlung sprachen Stach und ich, veranlasst durch Sebastian Guggolz, zum Kafka-Jahr über die biographische Arbeit zu Kafka und seine besondere Methode. In der Folge hielt ich selbst auch Vorträge über Krankheit als Passion bei Kafka. Sie fanden in Kliniken alter Freunde statt, die, im Gegensatz zu mir, bei der Psychiatrie als Beruf geblieben waren. Öffentliche Gespräche mit Reiner Stach regten zudem an, die weiteren Überlegungen zum Fall Kafka in einen zweiten Essay münden zu lassen.Der Beobachter will den besonderen Habitus kennzeichnen, mit dem Kafka sein Leben führte, und auch die Bedeutung, welche seine vulnerable Persönlichkeit und die Tuberkulose dabei im Verhältnis von Kunst und Krankheit besaßen.
II.
Dass dieses Triptychon von Tex