»Er erinnert mich an irgendjemand … Jetzt weiß ich es: Charlie Brown!«
Quentin Tarantino,Kill Bill, Volume 1 (2003)
Die wimmelnde Welt der Comics zerfällt in zwei eigentlich radikal verschiedene Formen: einerseits haben wir das Heft, das Comic Book (Batman,Donald Duck,The Fantastic Four), und andererseits den in der Tageszeitung (in drei oder vier Bildchen) abgedrucktendaily strip. Diese Grundformen sind innerhalb gewisser Grenzen variabel – fürAsterix war zum Beispiel lange Zeit der Abdruck in einem wöchentlich erscheinenden Magazin(Pilote) charakteristisch, wo jeweils wenige Seiten erschienen, die nach dem Abschluss der Geschichte dann insgesamt als Album herauskamen (und so ihre eigentliche Form erreichten). Die erfolgreichendaily strips lassen sich zwar auch zu Sammlungen kumulieren (und haben im Wochentagsrhythmus meist eine glücklich anomale Nebenform mit größeren graphischen und narrativen Möglichkeiten, dieSunday page), doch bleibt das Erzählen vom Minimalismus der kleinen Tagesportion geprägt – und der Notwendigkeit, nach drei Bildchen im vierten eine gewisse Pointe zu setzen.
Unter dendaily strips der Nachkriegs-USA istPeanuts von Charles M. Schulz der bedeutendste, neben Garry TrudeausDoonesbury (ab 1970, seit einigen Jahren stockend und nur durch Wiederabdruck älterer Episoden in den Zeitungen präsent), Bill WattersonsCalvin and Hobbes (1985 bis 1995, seither Wiederabdrucke) und – dies von den hier genannten der jüngste und einzig noch fortlaufende Strip –Dilbert von Scott Adams (seit 1993). Vielleicht ist der Peanuts-Strip auch der einzige, der als komplexe und doch ewiggleiche Mythologie den Vergleich mit den Superheldensagas der Comic Books aushält, wenn wir vergleichend in diesem Zeitraum bleiben: die großen Schöpfungen Disneys wie Mickey Mouse und Donald Duck reichen in die Zwischenkriegszeit zurück, auch wenn Carl Barks erst nach dem Krieg den Entenhausen-Mythos auszuziselieren begann. Im Vergleich mit den anderen erwähnten Strips erkennt man sogleich eine Besonderheit: Die Schöpfung von Charles M. Schulz istprima facie nicht politisch, nicht gesellschaftskritisch, nicht in dem Maß satirisch wie die anderen. Sie ist eine Geschichte – im Lauf der Jahrzehnte ein kleines Geschichtenuniversum – von ein paar Kindern (und einem Hund) in einer typischen amerikanischen Vor- oder Kleinstadt des Mittleren Westens; einfach gezeichnet – zu Beginn noch mit unbeholfener Einfachheit, dann sehr souverän schlicht. Nach und nach wird nach falschen Anläufen das eigentliche Thema des Strips sichtbar: Das permanente Scheitern, das sich insbesondere in der Hauptfigur Charlie Brown verkörpert, jedoch auch das Leben der meisten anderen bedeutenden Gestalten prägt. Die Charlie-Brown-Figur trägt gewisse Züge des Produzenten Schulz, der einmal geschrieben hat: »Als ich klein war, glaubte ich, mein Gesicht sei so unscheinbar normal, dass die Leute mich nie erkennen würden, sobald sie mir an einem unerwarteten Ort begegneten. Ich war aufrichtig überrascht, wenn ich in der Innenstadt von St. Paul mit meiner Mutter Einkäufe machte, und ein Mitschüler oder eine Lehrerin, di