: Monika Renz
: Meine Hoffnung lass' ich mir nicht nehmen Wege der Erlösung und der Spiritualität heute
: Verlag Herder GmbH
: 9783451836701
: 1
: CHF 18.00
:
: Christliche Religionen
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses Buch erzählt von Erfahrungen, die in unzählig vielen Menschen Hoffnung aufbrechen liessen: in Kranken, Sterbenden und spirituell Suchenden mitten im Leben. Es nimmt Fragen aus 30-jähriger Arbeit auf. Es zeichnet den Menschen in seinem geistigen Ursprung, seiner Entwicklung, seiner Angst und berichtet über befreiende Wege: die therapeutisch-spirituelle Begleitung, den Glauben aus Erfahrung, über Liebe und Vergebung. Auch Jesus kann, als Mystiker verstanden, zum Weg werden. Die Wege führen zur Quelle. Von dort brechen Urvertrauen und Hoffnung selbst inmitten von Krisen auf. Sinnhaftigkeit wird zur Erfahrung. Was Menschen seelisch-geistig heilt, hat mit Liebe und Spiritualität zu tun.

Monika Renz, Dr. phil. Dr. theol., Musik- und Psychotherapeutin, Psychoonkologin am Kantonsspital St. Gallen. Aufgrund ihrer praktischen Erfahrung und ihrer Forschungstätigkeit in den Bereichen Sterben, Spiritualität und tiefenpsychologische Exegese gilt sie als Pionierin der Spiritual-Care-Bewegung. Ihre Veröffentlichungen finden international Beachtung.

1.Im Letzten ist das Ganze – Grundannahmen und äußerste Befindlichkeiten


1.1Im Ursprung und im Ende eine andere Wirklichkeit


Biologisch und medizinisch betrachtet, wissen wir heute einiges über die Anfänge menschlichen Lebens und dessen Woher. Über die Anfänge des Menschen als geistbegabtes und spirituelles Wesen fast nichts. Was war im Anfang? Was floss vielleicht als Urerfahrung oder Lebensvorgabe mit ins Werden des Menschen ein? Manche glauben, andere nicht, dass es über die messbaren und sichtbaren Vorgaben hinaus eine letztlich verborgene Wirklichkeit gibt, mit der wir in Beziehung oder in Abwehr verbunden sind. Etwas ganz anderes, das alles menschliche Wissen und Forschen transzendiert – Ursprung allen Lebens.

Als Vorstellungshilfe mag eine Legende aus dem Indianischen dienen, die mir ein alter Mann aus einem Reservat vor vielen Jahren erzählte. Hierfür müsse man sich im Sinne eines Vorwissens vor Augen halten, dass es über hundert Begriffe für »grün« gebe. Das Grün einer alten Tanne sei ein anderes als jenes der danebenstehenden jungen Tanne und ohnehin ein anderes als jenes des frischen Laubbaumes. An den vielen Grün würden sie sich orientieren und den Weg von A nach B finden. Der Legende nach sei es so gewesen, dass die Ältesten einst nach dem ›Ursprung allen Lebens‹ fragten, was denn hinter allem stehe. Die Männer seien in einem großen Zelt zusammengesessen und hätten gewacht. Eine Nacht, eine zweite Nacht und eine Übernacht (dritte Nacht) lang. Am dritten Morgen sei klar gewesen: Was hinter allem sei: Woraus wir kommen und wohin wir gehen, sei »GrünGrün«. – Die Legende hat mich nie mehr losgelassen.

Was/wo war der Mensch, bevor er Mensch wurde? Der in diesem Buch vorgestellte Denkansatz geht von einem ungeteilten (non-dualen) Zustand als erste und letztliche, seelisch-geistige Realität des Menschen aus. Das Wort ›ganz‹ umschreibt dies so: Im Ganzen ist alles enthalten, nichts fehlt, nichts bleibt außen vor.

Nahtoderfahrungen und Erfahrungen von Sterbenden geben uns eine Ahnung solchen Seins im Ganzen. Ihnen zufolge fühlt es sich hier überglücklich an, Raum und Zeit sind aufgehoben, die Atmosphäre ist besonders: einladend, ergreifend, heilig. Gott oder die Ganzheit sind irgendwie gegenwärtig, der Mensch fühlt sich einfach wohl, getragen und geliebt. Beschreibungen sind unterschiedlich und doch erstaunlich ähnlich: Dieses andere Sein ist unbeschreiblich schön, ewig. So schön, dass das Wort viel zu flach ist, um den Zustand wiederzugeben. Es geht um eine Schönheit, die nicht wertet. Dieses Sein ist innerhalb der uns bekannten Kategorien nicht denkbar. Ein oft auftretendes Bild, das in heiligen Schriften verschiedener Religionen und Völker auftaucht, ist das Paradies. Weitere Motive Sterbender sind etwa ein Licht, ein schöner Raum, Farben, eine kosmische Ordnung wie der Sternenhimmel oder eine wunderschöne Musik.

Gemäß den hier vorliegenden Grundannahmen entwickelte sich der Mensch einst aus diesem paradiesischen Zustand heraus: als Einzelner und – menschheitsgeschichtlich betrachtet – auch als Gattung entlang der Evolution. Und in diesen überglücklichen Zustand stirbt der Mensch am Ende seines Lebens