: Katja F. Cantone, Helena Olfert, Laura Di Venanzio, Erkan Gürsoy, Tobias Schroedler, Patrick Wolf-Fa
: Spracherhalt und Mehrsprachigkeit Eine Einführung
: Narr Francke Attempto
: 9783381105830
: narr STUDIENBÜCHER
: 1
: CHF 21.70
:
: "Deutsche Sprachwissenschaft; Deutschsprachige Literaturwissen- schaft"
: German
: 189
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Studienbuch gibt einen innovativen Einblick in eine in Deutschland erst junge Forschungsrichtung. Die Spracherhaltsforschung erfordert eine Auseinandersetzung mit dem internationalen Forschungsstand, ebenfalls jedoch eine Spezifikation der Situation migrationsbedingter Mehrsprachigkeit in Deutschland, die im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe nicht nur auf die Mehrheitssprache fokussiert sein sollte. Viele Sprachen erfreuen sich einer starken Vitalität und werden weitergegeben, obwohl gesellschaftliche und institutionelle Bedingungen den Spracherhalt erschweren. Es gilt, die Entwicklung dieser Sprachen im Individuum, die außersprachlichen Faktoren, die diese beeinflussen, sowie die institutionellen Voraussetzungen für den Spracherhalt zu beschreiben. Auch werden formale und non-formale Angebote sowie die organisatorische und methodisch-didaktische Umsetzung im Unterricht betrachtet.

Prof. Dr. Katja F. Cantone lehrt Mehrsprachigkeit und Deutsch als Zweitsprache an der Universität Duisburg-Essen. Prof. Dr. Helena Olfert lehrt Deutsch als Zweitsprache und sprachliche Bildung an der Universität Osnabrück. Dr. Laura Di Venanzio ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Universität Duisburg-Essen. Dr. Erkan Gürsoy ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Universität Duisburg-Essen. Jun.-Prof. Dr. Tobias Schroedler lehrt Mehrsprachigkeit und gesellschaftliche Teilhabe an der Universität Duisburg-Essen. Ass.-Prof. Dr. Patrick Wolf-Farré lehrt Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Wien.

1.2Definitionen


1.2.1Mehrsprachigkeit


Um über die Thematik des Studienbuches sprechen zu können, stellt sich zunächst die Frage, was unterMehrsprachigkeit zu verstehen ist. Dieser Begriff impliziert das Vorhandensein oder die Begegnung von mehreren Sprachen in einer Gruppe oder in einem Individuum. Doch wie ist die Gruppe oder das Individuum überhaupt in Kontakt mit mehreren Sprachen gekommen?

Menschen werden mehrsprachig, wenn sie in einer Gegend aufwachsen, in der zwei (oder mehr) Sprachen im Gebrauch zu finden sind (=gesellschaftliche Mehrsprachigkeit,RIEHL 2014: 63–64,KOCH& RIEHL 2024: Kap. 3). Das ist in zweisprachigen Gebieten der Fall (wie z. B. in der kanadischen Provinz Québec), oder aber in einem Stadtviertel, in dem viele Menschen leben, die neben derMehrheitssprache auch eine (oder mehrere) weitere Sprache(n) verwenden (z. B. in Berlin). Darunter ist die Sprache zu verstehen, die von der Mehrheit der Menschen in einem Land oder Gebiet gesprochen wird.

Individuen können aber auch mehrsprachig aufwachsen, obwohl ihre Umgebung einsprachig ist (=individuelle Mehrsprachigkeit). Das bedeutet, dass sie eine weitere Sprache neben der Mehrheitssprache erwerben. Diese Sprache wird nicht von allen Menschen in der Umgebung gesprochen und kann in diesem Kontext alsMinderheitensprache bezeichnet werden.

Eine Unterscheidung, die selten in der Literatur vorgenommen wird, ist die zwischen dem Begriffspaar mehrsprachig und bilingual (oder auch zweisprachig). Die Begriffe werden normalerweise synonym verwendet, so auch in diesem Studienbuch, weil Kinder mit mehr als zwei Sprachen aufwachsen können und sie heutzutage alle früh in Kontakt mit dem Englischen kommen (CANTONE& DI VENANZIO 2015: 36). Bei Bilingualität wird i