2. KAPITEL
Auf dem Weg zu seinem neuen Fahrzeug warf Hugo einen langen Blick auf die schlanke, ein bisschen unbeholfen wirkende junge Frau, die angeblich Miss Isherwood war. Konnte dies wirklich die Person sein, von der die künftige Braut des Dukes in so glühenden Worten geschwärmt hatte? Die Einzige, die für sie als Ehrendame in Frage kam?
Nachdem er das törichte Mädchen kennengelernt hatte, das demnächst die Duchess of Braid sein würde, hatte er angenommen, ihre engste Vertraute sei aus demselben Holz geschnitzt. Er hatte erwartet, dass ein blendend schönes Geschöpf aus der Ein-Uhr-dreißig-Kutsche aussteigen würde, auffällig und möglicherweise farbenfroh gekleidet. Eine Person, die einfältig lächeln und zwinkern oder ihm seufzend ins Gesicht schauen würde – und die er vor einer Schar verliebter Bauernburschen retten müsste, die sich auf der Reise an ihre Fersen geheftet hätten.
Stattdessen war sie so unauffällig, dass er sie kaum gesehen hatte, als sie aus der Kutsche stieg. Sie fiel ihm erst auf, als sie quer über den Hof ging, um ihr einziges Gepäckstück zu holen, und um ein Haar von einem Packpferd niedergetrampelt worden wäre.
Das hieß aber vermutlich nur, dass sie wahrscheinlich auf andere Weise töricht war als die zukünftige Braut.
Obwohl … könnte ihm ihre Unbeholfenheit vielleicht seine Aufgabe erleichtern? Das überlegte er, als er ihr hinauf in den Passagiersitz half.
Bevor er abfuhr, hatte er befürchtet, dass die erwartete modebewusste Frau sich beklagen würde, wenn er sie im offenen Zweispänner abholte. Er hatte sich darauf vorbereitet, ihr klarzumachen, dass er das Gepäck, welches nicht auf den hinteren Gepäckträger passte, später holen lassen müsse.
Aber das war nicht nötig. Er konnte die eine schäbige kleine Tasche einfach unter ihren Sitz schieben.
Dabei fiel ihm auf, dass der Mantel, den er vorher nur steif und farblos fand, außerdem auch noch ein wenig fadenscheinig war.
Sein Gewissen schlug. „Hoffentlich haben Sie nichts dagegen, in einem offenen Wagen zu fahren. Heute ist ein milder Tag“, sagte er mehr zu sich selbst als zu ihr. Um sein Gewissen zu beruhigen, aber auch um eventuellen Vorwürfen zuvorzukommen. „Und ich dachte mir, Sie hätten vielleicht gern etwas frische Luft nach einem langen Reisetag, eingepfercht in öffentliche Postkutschen.“
Sie sah ihn mit einem so süßen Lächeln an, dass er seinen ersten Eindruck von ihr komplett revidierte. Sie war unbeholfen, schlecht gekleidet und trug eine Haube, die aussah, als sei sie einzig zu dem Zwecke entworfen worden, das gesamte männliche Geschlecht abzuschrecken, doch hatte sie ebenso viel Potenzial, einem ahnungslosen Burschen den Kopf zu verdrehen, wie ihr Schützling.
Und außerdem – wie sonst hätte die kleine Miss Fairclough ihre vielen Tricks lernen sollen als von einer durchtriebenen Lehrerin?
„Oh, das ist freundlich von Ihnen“, sagte Miss Isherwood. „Und ich muss gestehen, dass ich die Reise in so einem Fahrzeug genießen werde“, fügte sie hinzu und schaute sich mit aufmerksamen Blicken auf ihrem hohen Sitz um. „Wissen Sie, das ist für mich etwas ganz Neues. Bis heute hatte ich noch nie dazu die Gelegenheit. Für mich ist das alles ein großes Abenteuer!“
„Das Problem mit Abenteuern ist“, hob er hervor, denn er hatte davon sehr reichlich in den letzten Jahren genossen, „dass sie sehr schnell ungemütlich werden können.“ Wenn sie wirklich noch nie in einem offenen Zweispänner gefahren war, hatte sie wahrscheinlich keine Ahnung, wie kalt es hier oben sein konnte, wenn sie die volle Geschwindigkeit erreichten. „Hier“, ergänzte er schroff,