: Jean-Luc Bannalec
: Bretonische Versuchungen Kommissar Dupins vierzehnter Fall
: Verlag Kiepenheuer& Witsch GmbH
: 9783462304039
: Kommissar Dupin ermittelt
: 1
: CHF 14.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Rätselhafte Morde und berühmte bretonische Chocolatiers Noch nie war Kommissar Dupin so froh, einen neuen Fall zu haben, wie an diesem Frühsommertag. Mit einem Bein steht er bereits auf einem bedrohlich schwankenden Boot, um unter der Anleitung eines Coaches seine Angst vor dem Meer zu überwinden, als ihn der Anruf erreicht: Eine Frau ist ertrunken. Allerdings nicht im Atlantik, sondern in einem Bottich aus Schokolade. Was kurios anmutet, entpuppt sich als kaltblütiger Mord an der Inhaberin einer alteingesessenen Confiserie in Concarneau. Wer hatte es auf die mutige Unternehmerin abgesehen? Sind weitere Menschen in Gefahr?  Um den dunklen Geheimnissen der Schokoladenwelt auf den Grund zu gehen, begeben sich Kommissar Dupin und Nolwenn, seine unersetzliche Mitarbeiterin, auf einen rasanten Roadtrip quer durch die Bretagne und bis ins Baskenland. Die Krimi-Bestseller aus der Bretagne sind in folgender Reihenfolge erschienen: - Bretonische Verhältnisse - Bretonische Brandung - Bretonisches Gold - Bretonischer Stolz - Bretonische Flut - Bretonisches Leuchten - Bretonische Geheimnisse - Bretonisches Vermächtnis - Bretonische Spezialitäten - Bretonische Idylle - Bretonische Nächte - Bretonischer Ruhm - Bretonische Sehnsucht - Bretonische Versuchungen Die Bücher erzählen eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Jean-Luc Bannalec ist der Künstlername von Jörg Bong. Er ist in Bonn und im südlichen Finistère zu Hause. Die Krimireihe mit Kommissar Dupin wurde für das Fernsehen verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2016 wurde der Autor von der Region Bretagne mit dem Titel »Mécène de Bretagne« ausgezeichnet. Seit 2018 ist er Ehrenmitglied der Académie littéraire de Bretagne. Zuletzt erhielt er den Preis der Buchmesse HomBuch für die deutsch-französischen Beziehungen und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Concarneau.

Der zweite Tag


Es war kurz vor vier, sie waren gut durchgekommen. Zwei weitere intensive Kaffeestopps und einmal tanken, mehr Pausen waren nicht drin gewesen.

Die Nacht war sternenklar, die ganze Küste hinab – La Rochelle, Saintes, Bordeaux – hatte sich nicht ein einziges Wölkchen gezeigt, dafür ein fast voller Mond, der die ewigen Meerespinien rechts und links der Autobahn in ein fahles Licht getaucht hatte. Eben hatte Claire angerufen, sie war um 2 Uhr 40 zu Hause gewesen. Und hatte brav mitten in der Nacht noch einen Teller Pot-au-feu gegessen. Hélène war wach geblieben, sie hatte »auf das Kind gewartet«. Dupin war seiner Schwiegermutter ehrlich dankbar gewesen, Claire hatte völlig erschöpft gewirkt, auch wenn alles gut gegangen war. »Der Patient lebt. Wir haben ihn gerettet.« Ein Satz, den Dupin selbst nach erfolgreich getaner Arbeit nie sagen konnte. Aber »Wir haben den Täter« war auch nicht schlecht.

»Die Manufaktur liegt mitten im Zentrum. Allées Marines. Neben dem kleinenJardin Léon Bonnat. Direkt am Adour. – Kennen Sie Bayonne?«

»Ein wenig.«

Dupin war ein einziges Mal hier gewesen, und das auch nur für einen Tag. Mit Véro, einer Verflossenen, es war lange her, vierzehn, fünfzehn Jahre bestimmt. Sie hatten eine Woche in Bidart verbracht, einem kleinen Badeort direkt im Süden von Biarritz. Oberhalb eines unberührten grellgrünen Tals, das in einer atemberaubenden Bucht mündete.La Plage d’Erretegia. Eingerahmt von imposanten Felsen schaukelte das Meer dort fröhlich hin und her. Durch die Strömungen kam der weiße Sand nie zur Ruhe, jede Welle trug ihn mit sich, was die verrücktesten Farbschattierungen im Türkis und Azurblau des Meeres erzeugte. Von dort aus hatten sie einen Ausflug nach Bayonne gemacht. Dupin hatte die Stadt sehr gemocht. Überall Wasser, gleich mehrere Flüsse, der stattliche Adour, der das Meer bis in die Stadt führte und einen atlantisch-salzigen Geruch verströmte. Und genau dort, entlang der Ufer, spielte sich das heitere Stadtleben ab. Dutzende Cafés, eins neben dem anderen, man lebte draußen. Eine prachtvolle Altstadt mit kleinen Gässchen, aber nicht strahlend-protzig renoviert, sondern von der Patina vieler Jahrzehnte gezeichnet. Eine ganz und gar authentische Stadt. So wie Dupin es mochte.

»Hier rechts über die Brücke«, instruierte ihn Nolwenn. »Wir müssen auf die andere Seite des Adour.«

Nolwenn hatte beinahe die gesamte Fahrt über das Notebook auf dem Schoß gehabt, diverse Recherchen erledigt und Dupin mit Informationen versorgt. Zeitungsartikel über die Familie Mazago. »Les Mazagos«.Sud Ouest, La République des Pyrénées, Ouest-France. Hier »unten« waren sie anscheinend so etwas wie ein Mythos. Etwas Relevantes hatten Nolwenns Recherchen leider nicht ergeben. Womit sie allerdings Erfolg gehabt hatte: Dupin mit Bemerkungen über das Klopfgeräusch nervös zu machen. Dass es stetig an Lautstärke zunehme. Was – dummerweise – stimmte. Er musste wirklich dringend zur Werkstatt.

Abgesehen von einem heftigen Müdigkeitsanfall um kurz vor eins war Dupins Zustand bemerkenswert stabil geblieben. Die letzte Cola, das letzte Sandwich sowie die hochprozentige Schokolade – eine ganze Tafel – hatten geholfen. Vor allem, musste Dupin zugeben, Letzteres.

Der Adour schimmerte fahl im Mondlicht, bald hatten sie das andere Ufer erreicht.

»Jetzt wieder rechts. Immer am Fluss entlang.«

Ein paar Minuten später fuhren sie auf den Besucherparkplatz der Schokoladenfabrik. Ein wunderschönes altes Industriegebäude, vermutlich vom Anfang des 19. Jahrhunderts, ganz aus Backstein, ein wenig verschachtelt, aufwendig modernisiert. Eine echte Willy-Wonka-Fabrik, dachte Dupin.

Er hatte den Motor gerade abgestellt, als ein Gesicht vor dem Fenster der Fahrerseite erschien. Er zuckte zusammen.

»Nahia Mazago«, sagte Nolwenn.

Dupin öffnete die Tür und stieg aus.

»Ich bin froh, dass S