: Adelheid Duvanel
: Angelica Baum
: Nah bei Dir Briefe 1978-1996
: Limmat Verlag
: 9783038552833
: 1
: CHF 31.20
:
: Briefe, Tagebücher
: German
: 800
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bis kurz vor ihrem Tod berichtet Adelheid Duvanel der befreundeten Autorin Maja Beutler fast in Echtzeit aus ihrem Leben, monatlich, manchmal täglich. Parallel dazu ihre Korrespondenz mit dem Lektor Klaus Siblewski, der sie bis an ihr Lebensende begleitet, in Krisen zum Weiterschreiben ermuntert, ihr hilft, Werkbeiträge und Stipendien zu erhalten.?Lakonisch bis selbstironisch, manchmal aber auch verzweifelt erzählt Adelheid Duvanel aus ihrem schwierigen Alltag, von den Aufenthalten in der Klinik, von der desaströsen Beziehung mit ihrem Mann Joe, von der Drogensucht und Aidserkrankung der Tochter.? Aber auch vom Schreiben und Lesen handeln die Briefe, der Figurenkreis der Erzählungen taucht auf, manche Szenen sind sogar wörtlich in die Texte eingegangen. «Nah bei Dir» ist eine Art Tagebuch in Briefform, ein nüchternes Protokoll über ein schweres, unerträgliches Leben und das erschütternde Selbstporträt einer Autorin, die den widrigsten Umständen lange standhält und ihnen grosse Kunst abringt. «Die Erzählungen dieser außerordentlichen Dichterin einer schwarzen Anthropologie erhalten mit diesem erschütternden Briefband eine Fortsetzung: Sie sind von nun ab Teil des Werks einer immer noch und immer wieder zu entdeckenden herausragenden Schriftstellerin.» Michael Krüger

Adelheid Duvanel, geboren 1936 in Pratteln und aufgewachsen in Liestal, machte eine Lehre als Textilzeichnerin. Sie arbeitete auf verschiedenen Bürostellen sowie als Journalistin und Schriftstellerin. Von 1962-1981 war sie mit dem Kunstmaler Joseph Duvanel verheiratet, mit dem sie eine Tochter hatte. Bis auf ein Jahr auf Formentera lebte sie in Basel. Duvanel wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grossen Schillerpreis und dem Kranichsteiner Literaturpreis.

*

Basel, den 25. April 82

Liebe Maja,

es ist Sonntagabend, zwanzig nach sieben. Ich habe bei meinem Mann das Mittagessen eingenommen, dann kehrte ich in die Klinik zurück, weil mein Mann mit seiner Freundin bei Verwandten eingeladen war. Ich lag den ganzen Nachmittag auf dem Bett und heulte. Später, nachdem ich Beruhigungspillen geschluckt hatte, las ich die letzten Geschichten aus Peter Bichsels «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen.» Ich habe das Büchlein gekauft, es ist ein schönes, herausgegeben von Bernd Jentzsch im «Walter Literarium». Ich nehme gern schöne Bücher in die Hand, und noch lieber lese ich so sorgsame Texte wie diese. Ich glaube, noch vor ein paar Jahren hätten sie mich nicht angesprochen – in Gegenteil, sie hätten mich gelangweilt. Auch «Der Bub» von Hansjörg Schneider habe ich – wie das andere – mit einem Geschenkbon einer netten Schwägerin gekauft. Ehret einheimisches Schaffen!

Vorhin telefonierte mir eine Journalistin, die mit mir einen Termin abmachte; sie möchte mich ausfragen und von mir eine «Porträt-Skizze» im «Vaterland!» veröffentlichen.1

26. April.

Ich komme von der Arbeit. Es ärgert mich, dass «mein» Forscher 1912 die Eingeborenenfrauen immer «Weiber» nannte. Weshalb nannte er die Männer nicht «Kerle»? Nach der Arbeit trank ich ein Glas roten Wein im Garten des Restaurants Kunsthalle (wo wir uns trafen, als Du Deine Lesung hattest). L