: Miriam Suter, Natalia Widla
: Niemals aus Liebe Männergewalt an Frauen
: Limmat Verlag
: 9783038552864
: 1
: CHF 22.30
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 296
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau von ihrem Ehemann, Lebensgefährten oder Ex-Partner getötet. Jede Woche überlebt eine Frau einen versuchten Femizid. Warum werden Männer zu Tätern von häuslicher oder sexualisierter Gewalt an Frauen? Warum töten sie?? Miriam Suter und Natalia Widla gehen dieser Frage nach im Hinblick darauf, was die Schweiz tut, um solche Verbrechen zu verhindern, und was noch getan werden muss. In Gesprächen mit verschiedenen Fachpersonen aus Justiz, Politik oder Psychologie und durch die Auseinandersetzung mit aktuellen Fällen von verurteilten Gewalttätern versuchen sie zu ergründen, welche Männer sich hinter dem Begriff «Täter» verbergen, welche psychologischen und gesellschaftlichen Mechanismen Gewalt befördern und welche präventiven oder kurativen Massnahmen bestehen.? Zu den Gesprächspartner:innen gehören Markus Theunert vom Schweizer Männer- und Vaterverband, die forensische Diagnostikerin Nahlah Saimeh, die Soziologin und Aktivistin Melanie Brazzell, die Strafrechtsprofessorin Nora Markwalder, Bundesrat Beat Jans und viele weitere.

Miriam Suter, 1988 in Brugg geboren, aufgewachsen im Fricktal, lebt und arbeitet heute in Aarau und Zürich. Sie ist freischaffende Journalistin und Autorin und produzierte zusammen mit der Slam-Poetin Lisa Christ den feministischen Podcast «Faust&?Kupfer».

... oder doch?


Während wir dieses Buch geschrieben haben, wurden in der Schweiz 31 Frauen getötet. Sie mussten sterben, weil sie ihren Ex-Partner verlassen wollten. Weil sie zu erfolgreich in ihrem Job waren. Weil sie abends alleine unterwegs waren. Weil sie schlichtweg in einer patriarchalen Gesellschaft lebten.

So könnte dieses Buch beginnen. Aber wir möchten es so anfangen: Während unserer Arbeit an diesem Buch haben in der Schweiz 31 Männer Frauen getötet. Sie haben sie umgebracht, weil diese Männer ihre Ex-Partnerin als ihr Eigentum ansehen, das sich nicht von ihnen trennen darf. Weil sie ihren Selbstwert über ihre Karriere definieren, weil sie unter dem Druck, Alleinernährer zu sein, zerbrechen und mit niemandem darüber sprechen. Oder weil in ihren Augen ihre Partnerin nicht erfolgreicher sein darf als sie. Weil sie schlichtweg in einer Welt leben, die von Männern für Männer geschaffen wurde.

Wir schreiben dieses Buch in einer Zeit, in der auf Social Media gerade Videos mit der Frage viral gehen, ob Frauen nachts allein im Wald lieber einem ihnen unbekannten Mann oder einem Bären begegnen würden. Eine grosse Mehrheit entscheidet sich für den Bären. Das Tier, so der Tenor, sei berechenbarer. Einem Bären könne man klar signalisieren, dass man in Ruhe gelassen werden möchte, und wenn diese Grenze einmal etabliert ist, wird sie respektiert. Bei einem Mann sei man sich da nicht so sicher.

Vor der Bärenfrage gab es bereits einen anderen Trend auf Social Media. Frauen erzählten davon, wie sie einander nach dem Ausgang die Nachricht schickten: «Schreib mir, wenn du zu Hause bist», um sicher zu sein, dass die Freundin unversehrt daheim angekommen ist. Dass ihr auf dem Weg dorthin niemand etwas angetan hat. Ganz normal halt, das gehört zu einem Frauenleben dazu. Genau wie die Screenshots von Instagram-Profilen von Männern, die Frauen einander vor einem One-Night-Stand schicken. Um sich zu vergewissern: Der würde mir doch sicher nichts antun – oder?

Erinnerungen:

Mit 15 nachts auf der Parkbank der Schulanlage einen Finger in dir spüren, obwohl du mehrmals Nein gesagt hast. Trotzdem weitermachen, weil: Du hast ja am Anfang Ja zum Knutschen gesagt. Dich danach so lange waschen, bis die Haut rot wird.

Mit 16 zitternd im Bus sitzen, während eine Gruppe jungerMänner den Ausgang blockiert.

  • Wie heisst du?

  • Ich habe einen Freund.

  • Sag deinem Freund, ich ficke dich schon noch, du Schlampe.<