: Fabian Neidhardt
: Endlosschleifentage Roman
: Haymon
: 9783709984529
: 1
: CHF 17.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 312
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Von Trauer und Freundschaft, Verlust und Tabus, von Neuanfängen und Abschied David und Katha kennen sich schon immer, sind gemeinsam erwachsen geworden und haben jung geheiratet. Doch dann kommt Katha bei einem Autounfall ums Leben, und Davids Welt steht still. Sie war jedes seiner ersten Male, sie ist jede Erinnerung. Kinga, Kathas beste Freundin, die den Unfall mit- und überlebt hat, versucht zu helfen, sich zu kümmern - während sie eigentlich mit ihrem eigenen Trauma klarkommen muss. David kämpft sich Tag für Tag auf den Friedhof - zu Katha - und fragt sich, wie Trauern geht. Am Friedhof lernt er Marie kennen. Was bedeutet loslassen? Marie ist die Tochter des Totengräbers, die ihre eigene Vergangenheit aufarbeiten muss und von Konventionen nichts hält. Der Friedhof ist ihr Leben, und sie weiß, dass niemand hier zu viel Zeit verbringen sollte. Kinga hingegen denkt, dass David erst einmal trauern muss. Aber David kann weder das eine noch das andere. Jeder Schritt in eine Richtung ist ein Schritt weg von Katha. Der Halt von Marie fühlt sich wie Verrat an. Die Enttäuschung von Kinga lähmt ihn. Nur die Musik, die er macht, klingt richtig. Die zutiefst menschlichen Momente  Wie fühlt es sich an, die eigene Frau, die beste Freundin viel zu früh zu verlieren? Wie trauert man richtig? Wie findet man zurück in einen Alltag, ins Leben? David findet Antworten: in den Menschen, die ihm Halt geben, in den Augenblicken, die ihn hoffen lassen, und in den neuen - ganz eigenen - Wegen, die sich hinter der Trauer auftun. Fabian Neidhardt schreibt wie im Film, erzählt mitreißend und intensiv von den dunkelsten und den wunderbarsten Gefühlen - da sind Schmerz und Angst, aber vor allem: Wärme und Hoffnung. Ein Roman, der zum Weinen und zum Lächeln bringt.

Fabian Neidhardt schreibt mit links, seit er einen Stift halten kann, und erzählt Geschichten, seit er 12 ist. 1986 wurde er als erstes Kind von vieren in eine polnisch-italienische Familie geboren, ist auf einem Friedhof groß geworden, studierte u. a. Literarisches Schreiben in Hildesheim und lebt in Stuttgart und Hamburg. Nach 'Immer noch wach' (2021) und 'Nur ein paar Nächte' (2023) erscheint im März 2025 mit 'Endlosschleifentage' der dritte Roman von Fabian Neidhardt bei Haymon.

2


Marie sitzt neben der offenen Tür der Aussegnungshalle auf dem Boden, den Kopf gegen die Wand gelehnt, die Augen geschlossen, und hört Franz zu. Früher saßen sie gemeinsam hier und haben ihrem Vater zugehört. Die Leute waren zwar nie wegen ihm da, aber er spielte, als wären sie es, und Marie hat es geliebt. Damals hat Eckstein noch ab und zu mit ihnen geredet, irgendwas von Respekt gesagt und ob sie nicht woanders sitzen könnten, vielleicht irgendwo, wo man sie nicht sieht. Seit Jahren aber sagt er nichts mehr, und manchmal wirft er ihr einen verschwörerischen Blick zu, wenn er vorbeikommt. Fühlt sich wie ein gemeinsames Geheimnis an.

Der Boden neben ihr knarzt, und die Jungs rollen den Sarg auf dem kleinen Wagen raus. Marco, Wojciech, Peter und Mohammed sind alle über siebzig und in Rente. Sie rollen den Wagen, seit Marie ein Kind war, und sie strahlen dabei immer noch die Würde aus, mit der der Wagen geschoben werden sollte. Selbst wenn das Rad hinten links bei jeder Umdrehung quietscht. Für einen Moment passt das Quietschen zum Rhythmus der Musik, dann nicht mehr, und Marie muss grinsen. Weil sich nie jemand traut, etwas zu sagen.

Hinter dem Wagen schreiten Pfarrer Eckstein und der Kerl, der seine Frau verloren hat. Wahrscheinlich ist er zum letzten Mal bei seiner Hochzeit so andächtig gelaufen. Autounfall, hat Eckstein gesagt, und sie hätte es sich denken können, aber sie ist trotzdem überrascht, wie jung er ist. Kaum älter als sie. Sein dunkler Blick starr auf das quietschende Rad gerichtet, die braunen Haare ein wenig zu lang, das Gesicht schockgefroren. Noch hat er die Wahrheit nicht an sich rangelassen, noch könnte das alles nur ein Traum sein. Sie kennt das Gefühl. Der Arme. Aber bevor er hinter der Frau mit den Krücken verschwindet, die mit einer älteren Dame knapp hinter ihm geht, sieht Marie noch etwas anderes. Da liegt was unter all der Dunkelheit, in seiner Haltung, in dem Blick, in der Art, wie er nach dem Kragen tastet. Irgendetwas an ihm lässt sie nicht los. Sie richtet sich auf und sieht ihm nach, bis die ganze Gruppe die Halle verlassen hat.

Als Letztes tritt Anjuli in die Sonne, wie immer im dunklen Hosenanzug, wie immer mit ernstem Gesicht, wie immer die Hände gefaltet. Sie sind gleich alt, aber Anjuli strahlt die gleiche Würde aus wie die Jungs. Sie lächelt leicht, als sie Marie sieht. Marie steht auf und hält ihr di