: Peter Vermeulen
: Autismus und das prädiktive Gehirn Absolutes Denken in einer relativen Welt
: Lambertus Verlag
: 9783784137643
: 2
: CHF 30.00
:
: Sozialpädagogik, Soziale Arbeit
: German
: 226
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Leicht verständlich fasst das Buch moderne Forschungsergebnisse zum prädiktiven Gehirn in Zusammenhang mit Autismus zusammen. Es richtet sich an Fachleute aller Disziplinen, die mit Menschen im Autismus-Spektrum arbeiten, sowie an Betroffene und deren Familienangehörige. Um in der unsteten, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Welt der modernen Gesellschaft zurechtzukommen, benötigen wir ein Gehirn, das dieser Welt mit schnellen und unbewussten Vorhersagen begegnet und dabei den jeweiligen Kontext angemessen berücksichtigt. Das Buch wirft ein neues Licht auf das prädiktive, 'vorhersagende' Gehirn und dessen Bezug zu Autismus und kommt zum Schluss, dass einige der derzeit im Zusammenhang mit Autismus angewandten Maßnahmen dringend einer Aktualisierung bedürfen. Möglichkeiten zur Neuausrichtung werden aufgezeigt.

Peter Vermeulen, PhD, ist ein international renommierter Dozent/Ausbilder im Bereich Autismus und hat mehrere Bücher geschrieben. Im Jahr 2019 erhielt Peter Vermeulen in Belgien den Passwerk Lifetime Achievement Award für seine mehr als 30-jährige Arbeit im Bereich Autismus.

Vorwort zur deutschen Ausgabe


Peter Vermeulen ist ein belgischer Pädagoge und Psychologe, der sich seit mehr als 30 Jahren mit Autismus befasst. Zum einen ist er in Gent (Belgien) als Lehrender, Trainer sowie Therapeut an einem von ihm mitgegründeten Autismus-Zentrum (Autisme Centraal) leitend tätig, an dem er bis heute wertvolle Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen aus dem Autismus-Spektrum und Familien mit autistischen Kindern gewonnen hat. Zum anderen ist er ein vor allem im europäischen Raum bekannter und anerkannter Autismus-Experte und Autor zahlreicher Schriften, die sich insbesondere durch ein wissenschaftlich gestütztes, innovatives Nachdenken über die Sicht auf Autismus auszeichnen. Dazu zählt das viel beachtete Buch „Autismus als Kontextblindheit“ (2016). Wenngleich dieser Buchtitel zu einer einseitigen (negativen) und engen Sicht auf Autismus verleiten kann und daher kritisch gesehen werden sollte, werden wichtige Beobachtungen, Befunde und Erfahrungen zusammengetragen, die dazu sensibilisieren, Menschen aus dem Autismus-Spektrum angesichts ihrer Schwierigkeiten, Situationen oder Informationen kontextbezogen zu erfassen und zu nutzen, besser zu verstehen und ihnen mehr Lebensqualität durch geeignete Unterstützungsformen für ein inklusives ‚Leben mit Autismus‘ zu ermöglichen.

Ebenso innovativ und richtungsweisend kann die vorliegende Schrift betrachtet werden, die eine wichtige Ergänzung, ja Weiterentwicklung von „Autismus als Kontextblindheit“ darstellt.

Mit dem Begriff des „prädiktiven Gehirns“ wird eine bedeutsame Erkenntnis der kognitiven Neurowissenschaften aufgegriffen, die davon ausgeht, dass die Informationsverarbeitung des Gehirns nicht linear verläuft (z. B. nach dem Prinzip: Input – Verarbeitung – Output oder als Kette aus Stimuli und Reaktionen). Vielmehr trifft das Gehirn stets Vorhersagen darüber, was es in einer bestimmten Situation wahrnehmen und erwarten wird. Das bedeutet, dass es als eine vorausschauende Instanz operiert, indem es die Realität (z. B. tatsächliche Ereignisse oder Erlebnisse) mit seiner Vorhersage abgleicht und bei Abweichungen von Reizen (z. B. Überraschungen, unvorhergesehenen Situationen) eine Überarbeitung (Fehlerkorrektur durch Kontextsensitivität) seiner bisherigen Antizipation oder Erwartung vornimmt. Würde das Gehirn jedem Vorhersagefehler Aufmerksamkeit widmen, käme es „schnell zu einer mentalen Überbelastung“, weshalb es immer zwischen ‚relevanten‘ und ‚irrelevanten‘ Abweichungen (Stimuli) unterscheiden und entscheiden muss. Ein solcher vorausschauender Prozess (auch alspredictive coding bezeichnet) profitiert von individuellen Erfahrungen und vollzieht sich als ein extrem schnelles, sofortiges und unbewusstes Reagieren auf eine neue Situation oder Information, einen neuen Stimulus oder Gedanken. Manche sprechen in dem Zusammenhang von einer Überlebensstrategie. Demgegenüber gibt es freilich auch Situationen, in denen keine rasche Reaktion oder Antwort notwendig ist, was dann zu bewussten (überlegten) Entscheidungen führt, bei denen gleichfalls ein im Gedächtnis gespeichertes Erfahrungswissen eine wichtige Rolle spielt, das wie die Entscheidungen nicht von unbewussten (emotionalen) Einflüssen losgelöst betrachtet werden darf.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse führ