KAPITEL EINS
Cosima grinste in den sternenbehangenen Abendhimmel. Die Titelseite des LondonerAnzeigers hatte sie seit heute Morgen bestimmt schon tausendmal gelesen. Inzwischen zierte die Zeitung ein gewaltiger Marmeladenklecks (vom köstlichen Nachmittagstee), und die Druckerschwärze war an vielen Stellen zu düstergrauen Wirbeln verschmiert (da Cosima sie einfach nicht aus der Hand legen konnte). Als sie den Artikel jetzt erneut überflog, lief ihr trotzdem ein ehrfurchtsvoller Schauer über den Rücken.
Das Phantom. Der größte Dieb seit … na ja, seit Cosima und die anderen letztes Jahr den Palast der Schätze ausgeraubt hatten. Bloß hatteihnen niemand einen so grandiosen Spitznamen verpasst, als die fünf Juwelen plötzlich aus der Empire-Ausstellung verschwunden waren. Cosima kräuselte die Stirn und überlegte, welcher Name dem Phantom wohl Konkurrenz machen könnte. Die Legendären Langfinger? Die Sagenhaften Stibitzer?
Sie seufzte. Diya hätte bestimmt einen tollen Einfall. Doch die fragte sie wohl besser nicht. Immerhin war die Tatsache, dass vier Mädchen mit Behinderungen und ein eigensinniger Zauberer-Schrägstrich-Taschendieb verantwortlich waren für eins der verblüffendsten kriminellen Rätsel des letzten Jahres, ein Geheimnis, das niemals jemand erfahren durfte.
Wer auch immer das Phantom war – er legte esdefinitiv darauf an, bemerkt zu werden. Im Augenblick war er der berühmteste Dieb der Welt. Das löste bei Cosima ein seltsames Ziehen in der Brust aus – eine Mischung aus Bewunderung und Neid. Sofort musste sie an die vielen Zeitungsartikel denken, die im Heim zerknittert zwischen ihrem Bett und der Wand steckten – mit reißerischen Überschriften wie DIADEM MIT STERNDIAMANT NOCH IMMER VERSCHOLLEN oder KOLONIALMINISTERIUM SUCHT VERSCHWUNDENE JUWELEN.
Von diesem kleinen Geheimnis ahnten nicht mal ihre Freunde etwas. Für die war die Gaunerei von letztem Jahr nämlich eine einmalige Sache gewesen.
»Kann ich die Funzel jetzt wegtun, Cos?«, fragte Dolly. »Meine Hand tut schon ganz weh, und ich hab doch nur eine …«
Cosima nickte und murmelte eine Entschuldigung, während Dolly die Flackerfunzel wieder an den Griff von Diyas Rollstuhl hängte.
Ganz vorsichtig faltete Cosima denAnzeiger zusammen und schob ihn zurück in ihre Tasche.
In der Ferne erklang ein Donnergrollen. Der kühle Wind frischte auf, der Himmel verdunkelte sich, und ein Wirbel aus grauen und violetten Sturmwolken kündigte die Dämmerung an. Schnell zog Cosima ihren Regenmantel enger zu. Hoffentlich würde der Nieselregen bald aufhören.
Die gro