1. KAPITEL
Larissa Whitneys kurzes Glück verflog, als die schwere Tür mit lautem Knall zufiel.
Sie wandte den Blick vom Fenster ab, hinter dem sich weit unten der Atlantische Ozean mit seinen sturmgepeitschten Wellen erstreckte, die gegen die felsige Küste der abgelegenen Insel vor der Küste von Maine schlugen. Kurz sah sie zur Tür des kleinen Restaurants, das sich in dem einzigen Gasthof befand, den es auf dieser verlassenen Insel gab. Weit weg von allem – und genau deshalb war sie hergekommen. Um allein zu sein, wie schon in den vergangenen paar Tagen.
Bis er hereinkam.
Ihr sank das Herz, als sie den Mann an der Tür erkannte. Hastig blinzelte sie, als wäre er nichts als eine Erscheinung, die sie auf diese Weise in die Tiefen ihrer Erinnerung verbannen könnte. Aber nein! Jack Endicott Sutton war wirklich hereingekommen, schüttelte den Regen von seiner Jacke und hängte sie an den Garderobenhaken.
„Ausgerechnet Jack Sutton“, flüsterte Larissa in sich hinein. Fest umklammerte sie den Becher mit Kaffee, an dem sie gedankenverloren genippt hatte, während sie über ihr chaotisches Leben nachdachte. „Bitte nicht …“ Aber niemand hörte ihr zu, überdies war es sowieso sinnlos.
Er war es. Jemand anders konnte es wohl kaum sein.
Sie erkannte ihn sofort, so wie jeder andere Mensch es ihrer Meinung nach tun würde, der zwei gesunde Augen im Kopf hatte. Dieses ausgesprochen markante Gesicht. Seine Züge waren ihr genauso vertraut wie die der großen Filmstars, deren Fotos man in jedem Hochglanzmagazin fand. Wahrscheinlich war er ihr noch vertrauter, weil sie ihn persönlich kannte. Diesen großen, schlanken, athletischen Körper, von dem sich so viele schöne Frauen angezogen fühlten.
An diesem Abend – oder war es erst Nachmittag, schwer zu sagen so weit oben im Norden – trug er ein schlichtes schwarzes T-Shirt, dazu verwaschene Jeans, die seine schmalen Hüften und die muskulösen Beine perfekt betonten. Seine Füße steckten in Arbeitsstiefeln. Er sah aus, als hätte er sich verkleidet, weil er sonst nur Designerkleidung trug. Eigentlich hätte er hier unter den Einheimischen, die genauso angezogen waren wie er, nicht auffallen dürfen.
Aber Jack Sutton würde immer hervorstechen und sich von allen anderen abheben, daran zweifelte sie keinen Moment. Ein Gedanke, der ihr Herz schneller schlagen ließ.
Mit seinem dichten dunklen Haar und den schokoladenbraunen Augen war er nicht nur ein umwerfend gut aussehender Mann. Überdies floss in ihm das blaue Blut von Generationen erfolgreicher Vorfahren, die maßgeblich das Vergoldete Zeitalter Manhattans mitgeprägt hatten. Großindustrielle, Visionäre, Wohltäter, und er war jeder Zoll ihr Erbe. Ein Erbe mit Macht und Einfluss, das er jedoch mit einer lässigen Selbstverständlichkeit trug.
Sie wusste, wer er war und woher er kam. Denn sie entstammte der gleichen privilegierten Gesellschaftsschicht. Aber sie sah ih