: Jayson Georges
: Mit anderen Augen Perspektiven des Evangeliums für Scham-, Schuld- und Angstkulturen
: Neufeld-Verlag
: 9783862567959
: 1
: CHF 8.80
:
: Christliche Religionen
: German
: 95
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie kann ich Menschen aus einer anderen Kultur das Evangelium erklären? Wir ahnen es längst: Neben unserer individuellen Persönlichkeit bestimmt auch unsere kulturelle Prägung unsere Identität, unser Weltbild und unsere Ethik - und somit auch unser Verständnis der guten Nachricht von Jesus Christus. Während Christen im Westen traditionell eher die Erlösung von Schuld betonen, sehnen sich die Menschen vieler anderer Kulturen rund um die Welt eher nach Ehre, um Schande abzuwenden, und nach Macht, um ihre Angst zu überwinden. Die befreiende Botschaft von Jesus gilt allen und umfasst viel mehr, als wir erkennen. Tatsächlich geht die Bibel einfühlsam auf die Bedürfnisse aller drei Kulturtypen ein. Sie zeigt uns, wie wir Menschen durch Gottes Gnade von Scham, Angst und nicht zuletzt auch von unserer Schuld geheilt werden können. Der Missionswissenschaftler Jayson Georges hilft uns mit diesem Standardwerk, das Evangelium mit anderen Augen zu sehen und selbst tiefer zu verstehen - und es Menschen anderer Kulturen oder auch Generationen zu eröffnen.

Jayson Georges (M. Div., Talbot) hat die Internetseite HonorShame.com ins Leben gerufen und unterhält dort einen Blog zum Thema dieses Buches. Mit seiner Familie lebte er neun Jahre in Zentralasien, wo sie in der Jüngerschaftsschulung und Gemeindegründung tätig waren. Jayson Georges arbeitet als Missiologe bei einer christlichen Organisation, erstellt Hilfsmittel für Mission und hält praxisorientierte Seminare. Ihm selbst hat das Verständnis der in diesem Buch beschriebenen Scham-Ehre-Dynamiken sehr geholfen - in Beziehungen zu Menschen, in der Verkündigung des Evangeliums und darin, Gottes Gnade tiefer zu verstehen.

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KULTUR


GLEICHGEWICHT HALTEN


Obwohl die Kulturen von den drei verschiedenen AspektenSchuld, Scham und Angst geprägt sind, kann man eine bestimmte Kultur nicht auf eine dieser drei Perspektiven reduzieren. Alle drei Bereiche spielen dynamisch zusammen und überschneiden sich in allen Gesellschaften.

In dem Beispiel von Maryam haben wir gesehen, wie Scham- und Angstdynamiken miteinander verflochten sind. Selbst innerhalb einer Kultur gibt es Schwankungen, je nach Region, Alter, Geschlecht usw. Ein Thailänder vom Land wird wohl viel mehr angstorientiert denken als ein Städter aus Bangkok. Junge Erwachsene in denUSA legen heute mehr Wert auf Echtheit und Beziehungen, so dass sie schamorienterter werden als ihre Eltern. Die Natur des Menschen ist so komplex, dass man sie nicht in Kategorien von „entweder oder“ fassen kann.

Besser ist es, wir verwenden ein Kulturmodell, das den Einfluss misst, den jeder der drei Dynamikbereiche auf die jeweilige Gruppe ausübt. Auf der Abbildung auf der folgenden Seite ziehen die Kräfte Schuld, Scham und Angst in verschiedene Richtungen. Die Orientierung einer Kulturgruppe wird durch die Position innerhalb des Dreiecks dargestellt, je nachdem, wie stark die jeweiligen Kräfte auf die Kultur einwirken:

(Nur zur Illustration, basiert nicht auf Forschungsergebnissen)

In jedem kulturellen Weltbild finden wir eine einzigartige Mischung aus Schuld, Scham und Angst. Daher istnahe des oberen Winkels (nichtim Winkel) eine schamorientierte Kultur platziert. Roland Muller, der viele Bücher über Mission herausgegeben hat, sagt, dass diese drei Dynamiken wie die drei Grundfarben sind, aus denen ein Künstler alle möglichen Farben mischen kann. Wieviel von einer Farbe zum Einsatz kommt, bestimmt letztlich als Endergebnis die Kultur, die daraus hervorgeht.4

Die Dreiteilung Schuld – Scham – Angst dient wie jedes andere Kulturmodell der Vereinfachung, um eine sehr komplexe Realität verstehen zu können und das Ganze überschaubarer zu machen. Obwohl jede Kultur einzigartig ist, finden wir in allen Kulturen Grundzüge, mit denen wir sie in diese drei Kulturtypen (Scham-, Angst-, Schuld-Kultur) einteilen können. Die folgenden Abschnitte geben Ihnen eine Zusammenfassung über die Eigenarten dieser drei Kulturtypen:

KULTURTYP SCHULD – UNSCHULD


„Charakter ist, das Richtige zu tun,

selbst wenn niemand hinsieht.“

(Quelle unbekannt)

Die Einteilung in Richtig und Falsch bildet die Grundlage von Schuld-Unschuld-Kulturen. Die Gesellschaft etabliert Regeln und Gesetze, die bestimmen, welches Verhalten akzeptabel ist, was richtig und was falsch ist. Ein reifer Mensch kennt Recht und Unrecht – er ist ein „gesetzestreuer Bürger“.

Durch rechtes Verhalten bleibt man unschuldig,