KAPITEL 1
März 1857
Dorothy Pringle stand an der Tür und sah ihrem aufgeweckten jungen Dienstmädchen lächelnd bei der Arbeit zu. Es duftete nach Politur und Blumen. Durch die Fenster schien strahlend die Frühlingssonne herein. Und Liza, die nicht bemerkte, dass sie beobachtet wurde, summte leise vor sich hin, während sie den Tisch deckte, behutsam jeden Teller platzierte und das Besteck penibel daneben anordnete.
Als der Türklopfer ertönte, schaute die junge Frau auf. Erschrocken zuckte sie zusammen. »Oh. Ich wusste nicht, dass Sie da sind, Mrs P.«
Eindringlich ertönte der Klopfer erneut. Er bat nicht um Aufmerksamkeit, er verlangte danach.
»Soll ich hingehen, Ma'am?«
»Nein, das übernehme ich. Mach du hier fertig.«
Liza setzte die Arbeit fort. Es bereitete ihr Freude, den Tisch schön zu gestalten. Tatsächlich liebte sie alles daran, einer so netten Herrin zu dienen. Als sie eine gedämpfte Unterhaltung hörte – eine tiefe, grollende Männerstimme und die leisen Töne ihrer Arbeitgeberin –, hielt sie stirnrunzelnd inne. Der Mann klang wie ... Aber das konnte nicht sein, oder?
Mrs Pringle kehrte zurück. Sie wirkte verwirrt. »Es ist dein Vater.«
Als Con Docherty ihr unaufgefordert ins Zimmer folgte, warf Liza ihrer Herrin einen besorgten Seitenblick zu. Was wollte ihr Vater hier? Und obendrein drängte er sich mit seinen schmutzigen Stiefeln in den Salon. Es war nicht der letzte Freitag im Monat, an dem er regelmäßig ihren Lohn abholen kam. Beklommen schlug ihr Herz schneller. Gab es zu Hause etwa Ärger?
Con warf einen mürrischen Blick auf die Hausherrin, die ihm kaum bis zur Schulter reichte und ihn doch stets einschüchterte. »Ich fürchte, ich bin hier, um meine Tochter mitzunehmen, Mrs Pringle. Sie kann nicht länger für Sie arbeiten. Ihre Mutter ist krank. Sie wird zu Hause gebraucht.« Er wandte sich an seine Tochter. »Geh und pack deine Sachen, Mädchen!«
Zweifelnd schaute Liza zwischen den beiden hin und her und wartete darauf, dass ihre Herrin das Wort ergriff.
»Du kannst wiederkommen, wenn es deiner Mutter besser geht«, meinte Dorothy beschwichtigend.
Con räusperte sich. »Ich fürchte, wir werden sie von jetzt an zu Hause brauchen. Wenn Sie mir also noch bezahlen, was ihr zusteht