Im Wunschberuf als Volkshochschulleiter 1962
Die Geschäftsstelle der am 23.11.1945 eröffneten Volkshochschule Leer befand sich 1962 in der 1. Etage eines am Hafen gegenüber dem Rathaus in einem unmittelbar hinter der Waage8 gelegenen älteren Gebäude für Stadtkasse, Kämmerei, Rechnungsprüfungsamt und Liegenschaftsamt. Von den zweieinhalb Räumen der VHS mit Blick auf einen sehr engen Hinterhof war deren größter ein Unterrichtsraum für Maschineschreiben. Die Lehrerin für Maschineschreiben war Mitglied des Vereinsvorstandes der Volkshochschule seit langer Zeit. Dienstzeiten der VHS waren mit denen der Stadtverwaltung identisch. Nach einigen Wochen erhielt ich einen eigenen Schlüssel zur zeitlich nicht begrenzten Nutzung des Hauseingangs.
Ansicht des Rathauses und der Waage von der Hafenseite aus
Zur Ausstattung des Geschäftszimmers der Volkshochschule gehörten ein jeweils schon lange ausrangierter Schreibtisch und Aktenschrank sowie ein besonders alter massiver Schultisch mit versenkbarem Tintenfass und hellgrau gestrichener massiver Tischplatte, in die eine Rille für Schreibutensilien eingelassen war. Darauf stand die Schreibmaschine der Verwaltungsangestellten, unter dem Tisch ein großer Karton, der als Verpackung für einen Herd oder Kühlschrank gedient hatte. In diesem Karton befanden sich alle Durchschläge der Schriftsätze aus den letzten Jahren. Weil der Tisch einige Zentimeter von der Wand abgerückt war, konnten die Durchschläge durch diesen Schlitz mit einer Handbewegung auf verblüffend rationelle Weise aus der Schreibmaschine direkt in den Karton befördert und dort „archiviert“ worden.
Mitglieder des Vorstandes des Volkshochschulvereins waren auch die Hauptverwaltungsbeamten der Stadt und des Landkreises Leer, der Stadtdirektor dessen Vorsitzender.
Eine Übergabe der Leitungsaufgaben fand nicht statt. Es lagen dazu auch keinerlei Notizen vor. In einer Woche oder 14 Tagen nach meinem Dienstantritt musste aber das damalige Trimester*-Programm der Volkshochschule veröffentlicht werden. Außer, dass ich mündlich von Namen und Zeiten meiner Vorgänger erfuhr, standen auch weder eine geordnete Arbeitsplansammlung noch irgendwelche Aufzeichnungen zur Geschichte der Volkshochschule zur Verfügung.
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Ich unternahm im Hause eine Vorstellungsrunde und erhielt dabei auch gleich mancherlei Informationen zu Ursachen und Problemen von Konfliktverläufen in der Stadtverwaltung, die sich auch in meinem Falle alsbald einstellten und mich insofern