Kapitel 1
„Wo das Herz weint, spannt der Glaube den Regenschirm auf.“
„Wer raunt mir diese poetischen Zeilen in meine linke Ohrmuschel?“, frage ich ergriffen.
„Ich, deine Muse.“
„Oh, na denn man tau, du anmutiges, durchscheinendes Dingeling. Wo bleibt bloß mein Paraplü?“
„Fürchtegott Dot! Hier ist eine Vorladung für dich.“ Die Christel von der Himmelspost überreicht mir eine Art Einladung. Oops, der liebe Allvater hat meinen Brief an Sie, aus dem ich Ihnen ja eben vorgelesen habe, zur Kenntnis genommen. Und nein, he is not amused. Seinem Schreiben nach zu urteilen, bin ich ihm zu cheeky, zu frech. Apropos amüsiert. Da schwelge ich doch gleich in Erinnerungen an die Queen. Great Britain, das waren noch herausfordernde Zeiten. Mein unverhofftes Glück ist es, die Queen in Hörweite wohnen zu haben. Da werden unzensierte Jugendträume wahr. „You are welcome, your Royal Highness“, rufe ich euphorisch von meinem Wölkchen zu ihrem Wölkchen herüber. „Huhu, Lizzy, long time no see.“ Ja, lange ist es her, dass ich sie in der königlichen Soapopera ge(t)adelt habe. „Howdy!“, erwidert sie freundlich, mir huldvoll vom Nachbarwölkchen aus zuwinkend.
„Wie es mir geht? Great geht es mir. Na ja fast“, antworte ich. „Yo, your himbeerrotes Kostüm harmoniert by the way vorzüglich mit your zitronenfaltergelben Gladiator-Sandalen.“ Sie lächelt. Mein Lob kommt aus tiefstem Herzen.
„Thank you, Darling.“ Wie charmant sich die Queen bedankt. Ihr Lieblingscorgi bleckt seine gebleachten Zähne. Lächelt er mir etwa ebenfalls zu? Ich bin geblendet. Übrigens dürfte selbst einem detektivisch ungeschulteren Blick als meinem nimmerdar entgehen, dass dieser Hund kürzlich enorm viele Wiener Würstchen verspeist haben muss. Wenn ich mir so seine Körperform betrachte …
*
Jedoch, ich schweife ab, zurück zum eingangs erwähnten Wölkchen. Gerade schleicht es sich vom linken Fußknöchel aus über mein Möndchen, so nenne ich neckisch meinen Meniskus, in Richtung Oberschenkel. Brrr, ist das kalt. Wo es nur hin will? Well, die verflixte Sache mit der verbalen Kommunikation. Die liegt mir einfach nach wie vor nicht so richtig, und die Sache mit der Himmelspforte im Grunde genauso wenig. An selbige musste ich ja viel zu früh anklopfen. Dank meines Fürsprechers, dem hilfreichen Jesus, hat mich nach meinem Ableben nicht etwa Luzifer von der Straße aufgeklaubt, nein, vielmehr ein Engel mit echtem Prüfsiegel und Heiligenschein. Das habe ich logischerweise abgecheckt, da könnte sonst jeder kommen. Oh my God, war der liebe Gott anfangs schlecht auf mich zu sprechen, ja mei o mei, und das im Wonnemonat Mai, aber das sagte ich wohl bereits. Nachdem ich mich auf Erden sogar als den Schlaf ins Visier nehmender Psychiater pompös danebenbenommen hatte, wäre ich um ein Haar zum Gesellen des Teufels gekürt worden. Fegefeuer, Hitze, büßende Seelen. You know what I mean? Zum Glück mag der liebe Gott Jesus, der für mich ein versöhnliches Wörtchen aus der Bibel eingereicht hat. Deshalb drückte er noch mal eines seiner vergiss-mich-nicht-blauen Äuglein zu. Somit bin ich auf Bewährung. Wie sich das anhört.
Die freudige Nachricht indes ist: Ich, Fürchtegott Dot, bin zurück im Spiel. Welcome back, sozusagen. Wahrhaftig, es gibt eine Nachspielzeit im Himmel. Wer hätte das gedacht? Übrigens hege und pflege ich meine frühere Leidenschaft, zu gegebenem Anlass von mir selbst in der dritten Person zu sprechen, rücksichtsvollerweise nurmehr seltenst. Wenngleich sie mir einst ermöglichte, in Situationen, die mir zu sehr unter die Gänsehaut fuhren, ein wenig auf Distanz zu gehen, verwirrte sie den einen oder anderen Zeitgenossen erheblich. Unter uns: Die Ladys waren da nur unwesentlich plietscher. Ha, diese meine Leidenschaft erschuf somit das Leiden der Fehlkommunikation, wenn Mann so will. Themenwechsel. Mag sein, Sie möchten es nicht wissen, aber als Schlafforscher verehre ich sogar hier oben unbeirrbar Hypnos, den Gott des Schlummers. Früher schrieb ich regelmäßig meine Träume um und verpasste ihnen –zack – ein handwerklich recht passables, nüchternes Outfit. Kastrierte ich