: Dan Shocker
: Larry Brent Classic 026: Albträume
: Blitz-Verlag
: 9783957198266
: Larry Brent Classic
: 1
: CHF 3.50
:
: Spannung
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Im Labyrinth des Ghuls Es ist stockfinstere Nacht. Die männliche Gestalt, die zwischen den verwitterten Gräbern entlanggeht ist kaum von der Dunkelheit zu unterscheiden, und doch bewegt sie sich sicher, als ob sie jeden Quadratzentimeter Boden kennen würde. Ihre Arme sind im Vergleich zu seinem Körper viel zu lang, und würde ein Mensch in das Gesicht blicken können, wäre er zu Tode erschrocken. Ein bleiches, knittriges Antlitz, durch das kein Tropfen Blut mehr fließt. Das Geschöpf ist tot, und doch lebt es. Es ernährt sich von den Toten, denn die Gestalt ist ein Ghul. Die Alpträume des Mr. Clint Harold Glancey schläft, doch es ist kein ruhiger und erholsamer Schlaf. Er träumt, wälzt sich in seinem Bett, schwitzt, zittert und schreit. Als ihn seine Frau weckt, schlägt er die Augen auf, und er weiß daß sie wieder da waren. Nicht zum ersten Mal hat er von den kleinen braunen Männchen geträumt, die aussehen, als ob sie aus Lehm geformt wären. Ein immer wiederkehrender Alptraum? Gil Glancey hat das Gefühl, daß ihr Mann dringend ärztliche Hilfe braucht, doch dann sieht sie die Figuren auch. Sie leben, existieren, und steigen über die Dächer der Stadt!

1956 debütierte Jürgen Grasmück mit der Kurzgeschichte Atomkrieg auf dem Mars im Andromeda-Magazin (Nr. 69) des SFCD. 1957 erschien sein erster Roman Die Macht im Kosmos im Leihbuchverlag Bewin. Es folgten weitere Leihbücher. Mit dem Aufkommen der Romanhefte orientierte sich Jürgen Grasmück neu. Er schrieb Heftromane für den Zauberkreis Verlag und für die Serien Ad Astra und Rex Corda. Dann begann er, Science-Fiction mit Horror-Elementen zu verbinden und schuf seine bekanntesten Serien Larry Brent und Macabros, die er unter dem Pseudonym Dan Shocker verfasste, wobei Macabros eher dem Fantasy-Genre zuzuordnen ist. Burg Frankenstein und Ron Kelly waren weitere phantastische Serien, die im Zauberkreis-Verlag erschienen. 1984/85 wurde der Zauberkreis-Verlag, in dem Larry Brent und Macabros erschienen, von Pabel-Moewig übernommen. Dort kam es zu verlagsinternen Umstrukturierungen und beide Serien wurden eingestellt. Ab 1996 nahm der BLITZ-Verlag Larry Brent und Macabros in sein Verlagsprogramm auf und setzt kontinuierlich beide Reihen weiter fort. Neue Abenteuer von Larry Brent erscheinen beim BLITZ-Verlag neben den beliebten Pulp-Paperbacks auch im hochwertigen Hardcover-Format. Neue Abenteuer von Macabros sind im Zaubermond-Verlag erhältlich. Am 7. August 2007 starb Jürgen Grasmück im Alter von 67 Jahren an den Folgen einer progressiven Muskelschwäche, die ihn seit dem 15. Lebensjahr an den Rollstuhl fesselte.

 

1. Kapitel


 

Iwan Kunaritschew warf einen Blick auf das Namensschild, auf dem in winzigen Buchstaben der Name Bracziskowsky stand. Die Aufmachung des Schildchens wies Iwan Kunaritschew darauf hin, dass er es offensichtlich mit einem Individualisten zu tun hatte. Bracziskowsky schälte sich aus der Masse heraus. Nun, das, was er ihm, dem Russen, mitzuteilen hatte, war auch alles andere als alltäglich.

Der bärenstarke PSA-Agent mit der stoppeligen Igelfrisur und dem struppigen, roten Bart grinste still vor sich hin. Er drückte den Klingelknopf und wartete, bis sich jemand im Lautsprecher der Haussprechanlage meldete.

»Ja?«, fragte eine sanfte Mädchenstimme.

»Hier ist ein Besucher, der das große Namensschild entdeckt hat, Miss. Ich war mit Mister Bracziskowsky verabredet. Kunaritschew ist mein Name.«

»Ah, Mister Kunaritschew!«, klang es erstaunt aus der Membrane. Gleichzeitig wurde der Türöffner betätigt. Ein monotones Surren ertönte.

Der Russe drückte gegen die Tür.

»Ich erwarte Sie, Mister Kunaritschew!«, sagte die verführerische weibliche Stimme.

X-RAY-7 pfiff leise durch die Zähne.»Das hat man gern«, murmelte er vor sich hin, während er schon in dem weißgekachelten Flur stand und auf den Lift wartete, der ihn in den achten Stock tragen sollte.»Da ist man mit einem Schriftsteller verabredet und wird von der Sekretärin empfangen. Wenn das der gute Larry gewusst hätte, dann wäre er bestimmt hierher gegangen anstatt zum Friedhof.«

Iwan Kunaritschew verließ den Aufzug. Ein langer Korridor lag vor ihm. Der ganze Aufbau des Hauses erinnerte ihn an ein Krankenhaus. Auf dem Flur lagen etwa zehn Türen nebeneinander.

Das Hochhaus war erst vor einem Jahr bezogen worden. Es gehörte zu den modernsten in diesem Stadtteil Londons.

Iwan Kunaritschew konnte sich mit dieser Art von Gebäuden nicht anfreunden. Er sah sich suchend um und wusste einen Moment lang nicht, ob er sich erst nach links oder nach rechts wenden sollte, als nur wenige Schritte von ihm entfernt eine Tür geöffnet wurde.

Das Mädchen, das sich zeigte, war eine Klasse für sich, ein richtiger Vamp. Das lange, rote Haar schmiegte sich wie elastisches Kupfer an ihre schmalen Schultern. Ihre Haut war von vornehmer Blässe, und sie sah mit ihren großen, dunkel umränderten Augen aus, als hätte Graf Dracula seine Freude an ihr gehabt. Sie trug einen anthrazitfarbenen Hausanzug, mit silbern schimmernden Lurexfäden verwirkt. Der Ausschnitt war langgezogen und reichte fast bis zum Nabel. Dass sie keinen BH trug, war auf dem ersten Blick zu erkennen.

Die Schönheit lächelte ihm aufmunternd zu.»Treten Sie näher, Mister Kunaritschew! Sie sind richtig hier!«

Er kam auf sie zu, reichte ihr die Hand, und sie führte ihn in die luxuriös eingerichtete Wohnung. Sie bestand aus drei großen Zimmern. Eines davon war als Arbeitsraum des Schriftstellers eingerichtet. An einer Wand hingen Merkzettel und Pläne, lange Papierstreifen, auf denen nur Namen und Begriffe in verschiedenen Farben vermerkt waren.

Iwan Kunaritschew nahm diese Eindrücke nur flüchtig im Vorübergehen an der halb geöffneten Tür zum Arbeitszimmer auf.

Das Mädchen führte ihn in den Salon, der hell und freundlich eingerichtet war. Durch die vorgezogenen Vorhänge fiel das helle Sonnenlicht. Der sonnige Eindruck wurde durch den warmen Gelborangeton der Vorhänge noch verstärkt.

In der Wohnung roch es nach Kaffee, dem feinen Duft einer Damenzigarette und einem dezenten Parfüm.

Das Mädchen lächelte.»Nehmen Sie Platz, Mister Kunaritschew. Eine Tasse Kaffee?«

»Gern. Ich habe zwar schon gefrühstückt, aber einen Kaffee kann ich immer vertragen.«

»Mister Bracziskowsky lässt sich entschuldigen«, fuhr der Vamp von der Küche her fort. Die Kaffeemaschine rauschte, als das heiße Wasser abgelassen wurde.

»Er ist nicht da?«, wunderte der Russe sich.

Es war früh morgens. Er war um acht Uhr mit dem Schriftsteller verabredet. Der Termin stand seitüber einer Woche fest.

Das Mädchen tauchte mit einem Tablett und dem Kaffeegeschirr an der Türschwelle zur Küche auf und näherte sich dem flachen Couchtisch, wo Iwan Kunaritschew saß.

»Ich heiße Sandy«, sagte sie lächelnd, während sie das Old England Porzellan hinstellte und die Tassen vollgoss.»Zucker? Milch?«

»Pur. Schwarz wie die Nacht. So ist er richtig.« Iwan Kunaritschew sah sie lächelnd an. Er musterte sie insgeheim. Larry würde platzen, wenn er von diesem Girl erzählte.»Und nun sagen Sie mir bitte, warum mich Bracziskowsky versetzt.«

»Er musste plötzlich abreisen. Ich bin seine Sekretärin. Unter anderem«, fügte sie leise hinzu.»Ich kümmere mich auch um den Haushalt. Bracziskowsky ist ein ordnungsliebender Mensch, aber er selbst ist nicht in der Lage, Ordnung zu halten. So kümmere ich mich außerhalb der Sekretärinnenarbeit um diese Dinge.«

Sie lächelte und zeigte zwei Reihen weißblitzender, gleichmäßiger Zähne. Als sie nach ihrer Tasse griff, senkte sie den Blick. Ihre Lider schimmerten in einem sanften Grün, das im Gegensatz zu ihren rotorangefarbenen Haaren stand.

»Wohin ist Bracziskowsky gereist? Und wann kommt er zurück?«

Sie zuckte die schmalen Schultern und seufzte, dass sich die kleinen Brüste unter der weichen Wolle hoben.»Beides kann ich Ihnen nicht sagen. Bracziskowsky hat es mir nicht mitgeteilt.«

Iwan Kunaritschew murmelte etwas in seinen Bart.»Das Gespräch zwischen ihm und mir sollte unter vier Augen stattfinden. Es war sehr wichtig. Für uns beide. Hat er etwas darüber gesagt?«

»Nein. Aus dem Terminbuch weiß ich, dass Sie für heute Morgen angesagt waren, das war auch alles. Ich wusste schon seit Tagen, dass