1. KAPITEL
Zwei Wochen, länger nicht! Pepper stieg aus dem roten Mini Cooper, den sie sich am Flughafen von Valencia gemietet hatte, und zog mit einem Ruck ihre große Reisetasche vom Rücksitz. Sie hatte es für eine absurde Idee gehalten, nach Spanien zu reisen, um in dem Haus, das ihr Bruder Jack ihr hinterlassen hatte, Urlaub zu machen. Urlaub! Mitten in der größten Krise, die das zurzeit noch von ihr geleitete, familiengeführte TraditionsunternehmenPowell’s Delicious erlebte. Denn familiengeführt würde die exklusive Feinkostfirma bald nicht mehr sein …
Natürlich hatte ihre Freundin Jamie es nur gut gemeint. Pepper war wirklich am Ende ihrer Kräfte. Die letzten Monate waren für sie ein einziger Albtraum gewesen. Und als ihre beste Freundin ihr die Reise als „Arbeitsurlaub“ verpackt hatte, war Pepper schließlich eingeknickt. Außerdem musste sie sich die Immobilie wenigstens ansehen, bevor sie sie verkaufte. Denn was sollte sie schon mit einem Haus in Spanien?
Pepper blinzelte gegen das helle Licht an. Über London hatten bei ihrem Abflug dunkelgraue Wolken gehangen, und bei 14 Grad und Nieselregen hatte sie einfach nicht an ihre Sonnenbrille gedacht. Ungeduldig schob sie sich ihre roten Locken aus der Stirn, legte ihre Hand über die Augenbrauen und blickte auf den weißen Steintorbogen, der von hohen, dicht an dicht gedrängten Zypressen umgeben war. Hier stand die richtige Hausnummer, aber wo war das Haus?
Anscheinend versteckten sich alle Häuser an diesem Privatweg hinter meterhohen Büschen oder Mauern. Denn Pepper hörte zwar Stimmen und das Platschen von Wasser, aber das war auch der einzige Hinweis darauf, dass dieser abgelegene Ort vor den Toren Valencias bewohnt wurde.
Pepper fühlte, wie die Anspannung in ihr wuchs. Warum hatte Jack ihr nur nie von diesem Haus erzählt? Dann wüsste sie jetzt vielleicht, was sie hier erwartete. Natürlich konnte sie ihre innere Unruhe auch auf die Müdigkeit schieben – sie hatte letzte Nacht kaum ein Auge zugemacht. Aber letztendlich wusste Pepper, dass es ihre Sorgen waren, die sie so unter Strom setzten.
Sie holte tief Luft. Wie sagte Jamie immer? Pepper solle sich mit positiven Gedanken ablenken und im Moment leben. Doch Jamie hatte gut reden; sie hatte einen liebevollen Mann an ihrer Seite und leitete ein Yoga-Studio, klar war sie tiefenentspannt. Pepper wollte an ihre letzte Beziehung nicht mal denken. Edward war besitzergreifend und eifersüchtig gewesen – keine gute Kombination.
Entschlossen hob Pepper den Kopf, schulterte ihre Tasche und ging auf den Torbogen zu, der von einem schmiedeeisernen Tor versperrt wurde. Vielleicht würde sie hier endlich eine Antwort finden, warum Jack so ein Geheimnis um dieses Haus gemacht hatte. Da die verwitterte Pforte klemmte, drückte Pepper energisch mit der Hand gegen das Gitter, bis es aufsprang. Gleich dahinter führten steil abfallende Stufen den Hang hinunter. Pepper wusste gar nicht, wo sie zuerst hinsehen sollte: in die Weite über eine riesige Plantage von Orangenbäumen bis zum tiefblauen Meer oder zum Fuße der Steinfliesen, wo ein Anwesen mit einem Palmengarten, Pool und einer weitläufigen Terrasse lag. Der Blick, der sich ihr eröffnet hatte, war fantastisch.
In der Nase den Duft von Rosmarinbüschen und Thymian, die durch die sonnige Hanglage zu großen Büschen gewachsen waren, nahm Pepper vorsichtig Stufe für Stufe. Unten angekommen erblickte sie das Haus in seiner ganzen Größe. Doch der BegriffHaus wurde dem Gebäude nicht gerecht. Von Ananaspalmen und weißen Oleanderbüschen umgeben, übertraf das Erbe, das Jack ihr hinterlassen hatte und von dem er ihr nie etwas erzählt hatte, a