: Notker Wolf
: Rudolf Walter
: Gönn dir Zeit. Es ist dein Leben
: Verlag Herder GmbH
: 9783451835704
: HERDER spektrum
: 1
: CHF 7.80
:
: Christliche Religionen
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wir haben alles. Nur keine Zeit. Kann man das Leben entschleunigen? Kann man. Dafür sollte man jeden Tag nach einer einfachen Maxime leben: Zeit ist kostbar. Wie das geht und wie viel Spaß es macht, wie sehr das Leben an Qualität und Tiefe gewinnt, das zeigt Notker Wolf. Wer ihn traf, war überrascht: von seiner Präsenz, von seiner Leidenschaft, den Moment zu leben. Er war - von Korea bis Afrika, von New York bis Jakarta - das ganze Jahr weltweit unterwegs als Oberhaupt eines globalen Ordens. Sein Rat war gesucht bei Wirtschaftsbossen und Politikern. Was gab ihm Kraft? In diesem faszinierend persönlichen Buch spricht er über den Zusammenhang von Zeit und Sinn: Zeit ist Leben. Leben braucht Zeit. Ein Buch der Lebenskunst, der Lebensfreude und der Spiritualität. »Wer in der Gegenwart lebt und die Zeit aushält, der muss nicht mehr hetzen. Der ist einfach schon da.« (Notker Wolf)

Notker Wolf OSB, Dr. phil, (1940-2024)  trat 1961 in die Benediktinerabtei St. Ottilien ein und wurde 1977 zum Erzabt gewählt. Von 2000 bis 2016 war er als Abtprimas des Benediktinerordens mit Sitz in Rom der höchste Repräsentant von mehr als 800 Klöstern und Abteien weltweit. Bei Herder u.a. die Bestseller: »Gönn dir Zeit, es ist dein Leben«; »Die sieben Säulen des Glücks«.

1 Zur Freude geboren


1979 besuchte eine Gruppe von japanischen Buddhisten und Shintoisten unser Kloster in St. Ottilien. Die Mönche haben einige Zeit mit uns gelebt und den Alltag mit uns geteilt. Vor ihrer Abreise kamen Journalisten: „Was ist Ihnen am meisten im Kloster aufgefallen?“ Das war die erste Frage. Ich selber hielt in Erwartung der Antwort ein wenig die Luft an. Und dann sagten die Gäste aus Asien: „Die Freude.“

Meine spontane Reaktion: Wenn das Nietzsche gehört hätte!

Ich bin überzeugt, das Christentum braucht mehr Moral und weniger Moralin. Und Nietzsches Forderung, „Sie müssten fröhlicher aussehen die Christen“, gilt auch heute noch.

Wir sind zum Glück und zur Freude bestimmt, nicht zum Leiden und zum Unglück. Keiner wird auf die Frage, wozu er geboren sei, sagen: zum Trauern. Zum Leben, wenn es da ist, gehört Fülle, auch die Freude in Fülle. Jesus hat gesagt: Ich möchte, dass sie das Leben in Fülle haben – und damit auch die Freude in Fülle. Gemeint ist echte Freude, nicht die Scheinfreude, die die Werbung aufoktroyiert. Jesu Grundgefühl ist die Freude am Leben. Diese Freude, die aus Gott kommt, ist eine Möglichkeit, Gott kennenzulernen. Das ist der Kern seiner Botschaft: „damit meine Freude in euch ist und euere Freude vollkommen wird.“ ( Joh 15,11)

Wir sind also sicher auch nicht auf die Welt gekommen, damit wir Angst haben. Die ständige Tendenz, zu kontrollieren, bestimmte in der Vergangenheit nicht selten die Wirklichkeit in den Klöstern und die christliche Alltagsmoral. Das hat Angst erzeugt. Es war, von heute aus gesehen, aber eher ein Infantilismus, wo Gehorsam als Unterwürfigkeit verstanden wurde oder beides miteinander verwechselt wurde.

Die monastische Tradition hat ganz andere Orientierungspunkte, auf die wir uns beziehen können. „Wie lange noch schenkst Du allen andern Deine Aufmerksamkeit, nur nicht Dir selber? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne Dich Dir selbst.“ Das ist die Empfehlung des Bernhard von Clairvaux. Er hat es im 12. Jahrhundert an seinen Schüler Bernhard von Pisa geschrieben, den Mönch, der Papst wurde und den Namen Eugen III. annahm. So wichtig das Amt des Papstes ist, so gewaltig und vielfältig die Aufgaben, so bedeutend die Bürde – er rät Gregor, seine Zeit nicht nur anderen zu widmen, sondern sein eigenes Leben, sich selber nicht zu vernachlässigen. Bernhard kannte die Schwächen und die Stärken des Menschen. Tief verwurzelt in der benediktinischen Spiritualität kannte er auch die Notwendigkeit und den Sinn asketischer Lebensführung. Aber Gottgefälligkeit und Menschenfreundlichkeit gehören für diesen Heiligen zusammen.

Sich etwas gönnen ist ein Zeichen des weiten Herzens, der Großzügigkeit und der mitteilenden und wohlwollenden Lebensfreude, die andere nicht ausschließt.

Wir haben nur diese Lebenszeit. Und sie ist kostbar. Wir haben teil am Reichtum des Daseins.

Wer weiß, wie lange wir auf der Welt sind ...

Für uns alle gilt: Leben ist endlich.

Deshalb ist es durchaus richti