: Ronald Olivier, Craig Borlase
: 27 Sommer Mein Urteil lautete lebenslänglich, aber Gott hatte andere Pläne
: Francke-Buch
: 9783963627651
: 1
: CHF 12.40
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In einem der berüchtigtsten Gefängnisse Amerikas sitzt ein junger Mann ein. Sein Vergehen: Mord. Sein Urteil: Lebenslänglich ohne Bewährung. Er weiß: Lebend wird er den Knast nicht mehr verlassen. Als Teenager treibt Ronald Olivier in den Straßen von New Orleans sein Unwesen. Er dealt mit Drogen, knackt Autos und wird schließlich mit sechzehn sogar zum Mörder. Mit den Konsequenzen seiner Tat konfrontiert, erinnert er sich an seine Mutter, die ihm einmal gesagt hat: »Junge, wenn du jemals in echten Schwierigkeiten steckst, die ich für dich nicht lösen kann, dann wende dich an Jesus.« Das tut er. Wie durch ein Wunder findet Ronald zum Glauben und absolviert im Gefängnis später sogar ein Theologiestudium. Und wie durch ein Wunder kann sein Verfahren nach 27 Jahren doch wiederaufgerollt werden und der eigentlich zu lebenslänglich ohne Chance auf Bewährung Inhaftierte kommt frei! Heute ist Ronald Olivier als Gefängnisseelsorger tätig. Seine Mission: der Hoffnungslosigkeit entgegentreten. Sein Motto: »Sag mir nicht, was Gott nicht tun kann!«

Ronald Olivier wurde mit 18 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt und verbüßte 27 Jahre seines Lebens im Gefängnis. Hinter Gittern absolvierte er ein Theologiestudium. Heute nutzt er seine Erfahrungen, um ehemals Inhaftierte zu unterstützen und ihnen beim Neuanfang zu helfen. Mit seiner Frau und seinem Sohn lebt er in Baton Rouge, Louisiana. Facebook: Ronald Olivier

Kapitel 2
Auf der Straße

»Ronnie Slim! Ronnie Slim! Da drüben guckt jemand aus dem Fenster. Lass uns abhauen!«

Leekies Worte erreichten mein Ohr, doch ich hörte nicht hin. Ich blendete einfach aus, was er sagte, so wie ich auch das Heulen der Alarmsirene und das Flackern der Autoscheinwerfer ignorierte.

»Lass mich mal ran!« Das kam von J-Dog, dem Dritten im Bunde. Doch auf ihn hörte ich genauso wenig. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, das Lenkrad desOldsmobile 98 zu knacken.

Damals in den 90-ern brauchte man nur zwei Dinge, um ein Auto zu stehlen. Da sie einfacher konstruiert waren und noch nicht so viel Sicherheitstechnik in ihnen steckte wie in den heutigen Fahrzeugen, benötigte man nur einen einfachen Schraubenzieher, um hineinzukommen. Dann musste man die Manschette um die Lenksäule herum aufbrechen und an dem Stift ziehen, der sich darunter versteckte, und schon startete der Motor. Anschließend reichte ein kurzer Griff in die Blinker-Box, um das Lenkradschloss zu knacken.

Doch es gab noch einen anderen Faktor, der darüber entschied, ob man bei Raubzügen erfolgreich war, und den konnte man nicht in einem Werkzeugladen kaufen oder sich aneignen, indem man in irgendwelchen herrenlosen Autos am Straßenrand übte. Man musste verflixt schnell sein, sonst endete so etwas tödlich.

Viele Autos, die damals in unserer Nachbarschaft herumstanden, waren mit Alarmsystemen ausgestattet, denn da, wo wir lebten, waren die Leute auf ihr Auto angewiesen. Deshalb hüteten sie es wie ihren Augapfel und reagierten in der Regel blitzschnell, wenn ihre Karren zu hupen anfingen. Die Zeit, die nach dem Aufheulen der Sirenen verging, bis der Besitzer am Fenster auftauchte und das Feuer auf dich eröffnete, war knapp bemessen. Wie knapp, war schwer zu sagen. Wir hatten ausgerechnet, dass es maximal zehn Sekunden waren.

Das wussten wir aus Erfahrung – Leekie, J-Dog und ich. Immerhin waren wir bereits kurz, nachdem mein Vater weggezogen war, ins Autoknacker-Geschäft eingestiegen. Wir hatten uns wochenlang überlegt, wie man es am klügsten anstellte, und geprüft, wer von uns der Geschickteste war. Es hatte sich herausgestellt, dass ich ein wahres Talent auf diesem Gebiet war, und bislang war mir auch noch keine Lenkradmanschette untergekommen, die ich nicht aufgekriegt hätte.

Zumindest bis zu jener besonderen Nacht und jenem speziellen Auto. Zum ersten Mal versuchte ich mein Glück bei einemOldsmobile 98 und merkte, dass mein vielfach bewährter Schraubenzieher zu klein war, um die Manschette aufzustemmen. Ich konnte ihn zwar mühelos hineinstoßen, doch das Material wollte einfach nicht brechen. Je mehr ich mich reinhängte, desto schweißnasser wurden meine Hände.

»Wir sind schon bei zwölf Sekun…«

Leekies Stimme ging unter in dem Knall, mit dem die erste Kugel einen Mülleimer direkt hinter uns durchlöcherte. Der nächste Schuss folgte unmittelbar danach und verfehlte sein Ziel nur um wenige Zentimeter. Bevor das dritte Geschoss einschlug, gelang es mir endlich, die Manschette zu knacken. Zwei, drei Sekunden später war der Stift gezogen und das Lenkrad entsperrt. Wir gaben mächtig Gummi und schossen die Straße entlang.

Ich war nich